Die Livestream-Teilnehmer Stefan Kühl, Uni Bielefeld und sein Vortrag jenseits der Verklärung der lernenden Organisation hat einen langen Untertitel. Eine systemtheoretische Heuristik zur Einordnung des Wissensmanagement in Organisationen. Dann möchte man am liebsten gleich wieder gehen. Ich habe das jetzt eigentlich als Thema mit aufgebracht, weil ich denke, jetzt müssen wir uns nochmal konzentrieren drauf. Das ist spannend, weil wenn man mit Heuristiken gut umgehen kann, wird das Leben glaube ich einfacher. Ja, Stefan, okay, die Bühne. Vielen Dank. Ja, ganz herzlichen Dank für die freundliche Einführung. Ob ich das mit dem Du hinkriege, muss ich ausprobieren. Habt keine Hemmung zu duzen. Es kann mir aber ab und zu mal ein Sie zwischendrin reinrutschen, dann einfach ignorieren. Ja, erstmal zu dem Untertitel. Der Untertitel ist entstanden, als ich noch nicht genau wusste, was ich erzählen soll. Und da habe ich gedacht, dann wähle ich irgendetwas, wo man alles machen kann. Ich werde heute relativ viel über blinde Flecken und Tabus und die Rolle im Wissensmanagement reden. Also es wird doch um einige Aspekte gehen, die glaube ich etwas handgreiflicher sind oder handbesser zu greifen sind, als jetzt so ein Titel wie systemtheoretische Perspektiven oder Heuristiken. Ja, ich habe mich sehr über diese Einladung gefreut. Der eine Grund ist, dass ich mich daran erinnert habe, also 20 Jahre. Ich habe vor ungefähr 20 Jahren damals eine der ersten Kritiken der lernenden Organisationen und das Konzept der wissensbasierten Organisationen geschrieben, das Regenmacher-Phänomen. Widersprüche und Aberglauben im Konzept der lernenden Organisationen. Versucht damals, diesem Hype der Wissensbasierung etwas entgegenzusetzen. Und ich habe letztes Jahr eine Neuauflage dieses Buches gemacht und habe überlegt, was ich an dieser Argumentation eigentlich ändern muss in der Neuauflage. Überraschenderweise vergleichsweise wenig. Also die Kritik an einem bestimmten Hype in Bezug auf Lernen oder auf Wissen ist eigentlich jedenfalls aus einer soziologischen Perspektive gleich geblieben. Zweiter Grund, weswegen ich mich über die Einladung gefreut habe, wir machen bei Metaplanament gerade eine Studie über digitale Transformation. Und die Verbindung letztlich zur Frage von Organisationslernen und Wissensmanagement ist eine Perspektive, die ich dabei sehr interessant finde. Und das, was ich heute vorstellen will, ist letztlich so etwas wie eine etwas generalisierende oder wenn Sie wollen oder wenn ihr wollt, etwas theoretische Fundierung dessen, was wir da im Moment vorhaben. Naja, und das Dritte, weswegen ich mich freue, ist, dass es immer ein Risiko ist, einen Organisationssoziologen einzuladen. Und zwar deswegen, weil die in der Regel nicht das erzählen, was man normalerweise erwartet, wenn man es mit Managementwissenschaften oder mit Betriebswirtschaftslehre oder auch mit Ingenieurswissenschaften zu tun hat. Wir haben doch immer eine Perspektive auf die Sache, die vielleicht etwas irritierend ist. Und ich versuche das heute eben auch entsprechend umzusetzen. Ja, was habe ich vor? Das eine, ich fange an mit der alten Überlegung, einer alten Kritik, die auch schon bei dem Regenmacherphänomen eine Rolle gespielt hat, nämlich die Verklärung von Wissen und Lernen. Aus meiner Sicht Teil einer Dramatisierung des Wandels, was so in den letzten 30, 40 Jahren immer unter neuen Begriffen gemacht wird. Dann gehe ich im Zweiten ein auf die Produktion von blinden Flecken. Systemtheoretisch heißt es Beobachtungslatenzen und was das eigentlich für das Wissensmanagement bedeutet. Die dritte Überlegung oder der dritte Punkt, der ist so ein bisschen das, was mich eigentlich am meisten umtreibt, nämlich die Frage, wie geht man eigentlich im Wissensmanagement oder im Organisationslernen mit Fragen von Tabus und Organisationen um. Und das vierte sind dann so etwas wie abschließende Überlegungen. Was bedeutet das eigentlich, wenn Tabus und Organisationen eine so wichtige Rolle spielen? Wie muss eigentlich ein Wissensmanagement ausgerichtet sein, was in der Lage ist, mit Tabus und Organisationen umzugehen? Das ist die Überlegung, wenn ihr zwischendrin Fragen oder Bemerkungen habt. Ich habe nichts dagegen, mich dabei zu unterbrechen. Könnt es aber auch am Ende denn in der Diskussion machen. Ich bin mir relativ sicher, dass da einige provokante Überlegungen dabei sein werden. Ich fange an mit der Frage, wenn man sich von außen diese Community von Wissensmanagern anguckt, was gilt eigentlich als Gesetz? Und als Gesetz wird betrachtet so eine Überlegung, dass je mehr man in einer Organisation weiß, desto besser ist es eigentlich für die Organisation. Oder je schneller und je effizienter eine Organisation lernt, desto erfolgreicher ist die Organisation am Ende. Dahinter steckt eine Dramatisierung des Wandels in Organisationen, der letztlich immer so läuft, dass gesagt wird, wir haben es mit der enormen Veränderung in der Umwelt von Organisationen zu tun. Wir haben es mit Digitalisierung der Geschäfte zu tun, mit Globalisierung, mit entsprechender Vernetzung. Darauf müssen Organisationen eine Antwort finden. Sie müssen sich ganz neue Strukturen geben, die in der Lage sind, eben auf diese Umweltanforderungen zu reagieren und entsprechende schnelle Antworten darauf zu finden. Das ist der Kontext gewesen, in dem letztlich das Konzept der lernenden Organisation oder auch des wissensbasierten Unternehmens populär geworden ist. Dahinter steckt der Gedanke, wenn wir eine Organisation lernorientiert und wissensorientiert machen, dann ist das insgesamt für die Organisation besser. Der Talk oder diese Ansage ist so selbstverständlich, dass es eigentlich gar nicht mehr kritisch hinterfragt wird. Also die PowerPoint-Folien sehen eigentlich immer gleich aus. Auch die PowerPoint-Präsentationen, die für die Vorstandsvorsitzenden geschrieben werden, sehen immer gleich aus. Also es wird dramatisiert, wie sich die Umwelt so schnell verändert, technische Entwicklung, Marktveränderung und darauf werden dann eben Lösungen angeboten und Wissensbasierung oder Organisationslernen ist dann eben eine klassische Antwort, die darauf dann gegeben wird. Man kann das so eine Art Wissensfundamentalismus nennen. Also es geht darum zu sagen, Wissen und Lernen ist gut und ohne Wissen und Lernen werdet ihr in der Organisation sehr schnell scheitern. Wenn man sich jetzt anguckt, wer solche Positionen in einer Organisation vertritt, dann sind es eigentlich zwei Gruppen. Das eine sind die Wissensmanager und die Organisationslerner, die dafür zuständig sind. Und das andere sind sehr häufig, das wird gerne aufgegriffen, denn auch von den Spitzenpositionen in den entsprechenden Organisationen. Man kann sagen, es gibt so etwas wie eine lokale Rationalität. Wir nennen das lokale Rationalität eine bestimmte Form der Denkweise, die sich ausbildet, dadurch, dass man einen bestimmten Arbeitsbereich innerhalb der Organisation bekommt. Also genauso wie zum Beispiel das Marketing die Ausflackung des Produktes als zentrales Erfolgskriterium betrachtet, oder das Qualitätsmanagement Qualität als das zentrale Merkmal einer Organisation betrachtet, oder wenn sie Compliance oder wenn ihr Compliance-Abteilung nimmt, die Regeleinheitung als entsprechendes Merkmal nimmt. Dann hat man immer den Eindruck, es gibt bestimmte Abteilungen, die das eigene so absolut setzen, dass sie denken, davon hängt der Erfolg eines Unternehmens oder einer Verwaltung oder einer Universität ab. Und letztlich ist es bei Wissensmanagement und Organisationslernen nichts anderes. Was völlig natürlich ist, dass diejenigen, die für Wissensmanagement und Organisationslernen zuständig sind, darin auch letztlich die zentralen Erfolgsfaktoren von Unternehmen, Verwaltung oder Universitäten sehen. Was jetzt aus einer soziologischen Perspektive interessant ist, und da kommen so die ersten Zweifel, die eingestreut werden, dass eigentlich immer wieder betont worden ist, auch in der Forschung in den letzten 20, 30, 40 Jahren, wie wichtig der Gegensatz ist. Also wie wichtig ist Nichtwissen und wie wichtig ist Nichtlernen. Ich habe nur so ein paar Konzepte mir rausgeschrieben, die ich eigentlich alle ganz interessant und überzeugend fand, von James March ganz früh in den 80er Jahren Überlegung zur Technology of Foolishness. Also die Überlegung Dummheit befördert Innovation. Oder meine Lieblingsstudie zum Thema Organisationslernen, Wissensmanagement. Alfred Hirschmann, Ende der 60er Jahre, eine Studie über Entwicklungshilfeprojekte, wo er herausgearbeitet hat, dass die Weltbank, wenn die wirklich gewusst hätten, worauf sie sich einlassen mit den verschiedenen Entwicklungshilfeprojekten, die sie geplant haben, diese Projekte nie und nimmer gemacht hätten. Das heißt, die Ignoranz gegenüber der Folgen dieser Entwicklungshilfeprojekte, ein zentraler Grund dafür gewesen ist, diese Sachen überhaupt zu machen und sich dann in dem Prozess des Machens wiederum völlig ungeplant ganz anderer Nutzen ausgebildet hat, als der, der ursprünglich mal intendiert gewesen ist. Er nennt das dann Ignoranz der Ignoranz als Erfolgsbedingung, weil man muss auf der einen Seite ignorant sein und auf der anderen Seite auch noch ignorant sein, dass man ignorant ist. Also man darf sich selbst nicht zugestehen, dass man Ignoranz als Entscheidungsmethode nimmt. Oder ein ganz nettes Bonmot oder eine ganz nette Überlegung von Fritz Simon über die Kunst nicht zu lernen. Einige von euch werden das vielleicht kennen. In dem Moment, wo man feststellt, dass der eigene Mann nicht so funktioniert, wie man es eigentlich haben möchte. Dann besteht ja jetzt die Möglichkeit, dass man als Frau oder als Lebenspartner anfängt zu lernen und sich diesem Mann entsprechend anpasst. Warum lachen jetzt nur die Frauen und nicht die Männer? Man kann das Beispiel auch umgekehrt machen. Aber jedenfalls ja so eine Erfahrung, die man vielleicht nicht selten macht, dass der Lebenspartner entsprechende Verhaltensweisen aufweist, die man gerne verändern möchte. Und jetzt ist ja die interessante Frage, was passiert, wenn man angesichts der Skurrilitäten des Partners sich entscheidet zu lernen? Ja, ist ja ärgerlich. Man passt sich ja dem entsprechenden Partner in dem Moment an. Man könnte auch sagen, ich gebe mich sehr bewusst lernresistent und dann ist der andere gezwungen, sich anzupassen. Also es gibt jedenfalls in der Außendarstellung sehr gute Gründe zu sagen, gerade die Darstellung von Nichtlernen könnte ein Erfolgsfaktor für eine glückliche Beziehung sein. Das ist eine Überlegung, die ich sehr überzeugend gefunden habe. Nils Brunzen, einer meiner Lieblingsorganisationswissenschaftler, hat mal eine Unterscheidung gemacht zwischen Entscheidungs- und Handlungsrationalität. Normalerweise wird ja immer davon ausgegangen, dass die beste Entscheidung diejenige ist, wo man möglichst viele Alternativen überprüft, die Nebenfolgen oder die Folgen dieser verschiedenen Entscheidungen sich sehr genau anguckt und dann eben möglichst viele Personen in diesen Entscheidungsprozess einbindet. Und wenn man so den 0815-Manager fragt, was ist eigentlich eine richtig gute Verfahrensweise für Entscheidungsfindung, dann werden immer genau solche Kriterien genannt. Alle Lehrbücher in der BWL sind voll damit. Und er sagt, naja, unter dem Gesichtspunkt von Handlungsmotivation könnte es eventuell sinnvoll sein, genau das Gegenteil zu machen. Man nimmt eine attraktive Lösung und eine möglichst unattraktive und bei der attraktiven Lösung macht man sich keine Gedanken darüber, was die Folgen sein könnten. Und man bindet möglichst wenige Personen ein. Das könnte sehr hohen Motivationsfaktor haben, weil sich ja alle in dem Moment auf diese eine sinnvoll erscheinende Lösung konzentrieren. Jetzt fragt man sich, naja, ist der jetzt völlig durchgedreht? Ich fand das ganz plausibel. Also die empirischen Studien, die er dazu gemacht hat, zeigen sehr deutlich, dass man eben bestimmte Entscheidungsprozesse auch durch Partizipation kaputt machen kann. Also ein Übermaß an Entscheidungsrationalität führt zu einem Verlust von Handlungsmotivation. So seine These und seine Ergebnisse aus diesen Studien. Ich finde das ganz plausibel zu sagen, wir haben eigentlich zwei ganz unterschiedliche Rationalitätsmodi in Organisation, Entscheidungs- und Handlungsrationalität. Und man muss sich überlegen, welchen davon man anwendet. Die Handlungsrationalität, also möglichst wenig Alternativen, möglichst wenig Betrachtung der Effekte, hat sehr wenig mit Organisationslernen und Wissensbasierung zu tun. Aber aus meiner Sicht plausibel. Und es gibt jetzt eine neuere Arbeit aus Schweden, die sich mit funktionaler Dummheit auseinandersetzt. Functional Stupidity, Metz-Alwissen. Eigentlich mit ganz ähnlichen Argumenten, die sagen, also im Gegensatz zur Vorstellung des permanenten Infragestellens, könnte es auch sinnvoll sein, sich mal zu überlegen, was für positive Effekte eigentlich Dummheit in einer Organisation hat. Also ihr merkt, aus einer organisationswissenschaftlichen Perspektive gibt es viele Gründe zu fragen, ob das wirklich so ist, dass Organisationslernen und Wissensmanagement ein solcher zentraler Erfolgsfaktor in Organisationen ist. Ja, was bedeutet das jetzt? Ich versuche jetzt im Folgenden mal aufzuschlüsseln, woher eigentlich diese funktionale Dummheit oder die Ignoranz der eigenen Ignoranz oder die Handlungsrationalität in Organisationen entsteht und wie das eigentlich mit dem Phänomen von Organisationen zusammenhängt. Und die These ist zu sagen, dass Organisationen durch jede Form von Struktur automatisch immer blinde Flecken produzieren. Also man muss jetzt als Wissensmanager oder als Wissensmanagerin gar nicht ein mühsames Programm zur funktionalen Dummheit in der eigenen Organisation aufsetzen. Also das will ich jetzt verhindern, dass ihr morgen in euer Unternehmen zurückgeht und sagt, lieber CEO, ich habe da eine ganz tolle neue Idee, die ich da mitgebracht habe. Wir machen jetzt mal ein Programm zur Dummheit in Organisationen, sondern es passiert automatisch in Organisationen. Es gibt so etwas wie Mechanismen der Strukturbildung in Organisationen, die dazu führen, dass so etwas wie funktionale Dummheit oder Agroos hat das mal angelernte Inkompetenz genannt oder Ignoranz der Ignoranz, dass sich das ausbildet. Und zwar gibt es zwei Typen von Entscheidungen in Organisationen, die man dafür auseinanderhalten muss. Das eine sind die Entscheidungen, wo normalerweise die Reflexe von Wissensmanagern oder derjenigen, die für Organisationslernen zuständig sind, sofort einsetzen. Das sind Entscheidungen, wo überlegt wird, wie soll die Struktur unserer Organisation, unseres Unternehmens, unserer Verwaltung eigentlich in Zukunft aussehen? Wie soll das eigentlich genau gemacht werden? Was könnten neuere, effizientere Strukturen sein? Da setzt sofort eine Mobilisierung von Kreativität und von Innovation an, weil man sich ja überlegt, wie müssen diese Strukturen, wir nennen das in der Soziologie oder in der Systemtheorie Entscheidungsprämissen, also die Art und Weise, wie zukünftig Entscheidungen getroffen werden sollen. Wie sollen die eigentlich genau verändert werden? Und dann fängt die Organisation an zu lernen. Also ein Strategieprojekt oder ein Change-Management-Projekt sind in der Regel Projekte, wo Organisationslernen und auch die Verarbeitung von Wissen eine ganz wichtige Rolle spielt, wo existierende Strukturen reflektiert werden, wo neue Strukturen auf ihre Tragfähigkeit hin geprüft werden und wo man geeignete neue Strukturen ausprobiert. Da ist es relativ unproblematisch. Interessant wird es bei den Entscheidungen, die im Rahmen der bereits getroffenen Strukturen oder der bereits entschiedenen Strukturen einer Organisation getroffen werden. Und das ist ein Aspekt, der häufig nicht betrachtet wird. Und zwar deswegen, weil vielleicht das Wissensmanagement oder auch das Organisationslernen immer so eine gewisse Form von CEO-Orientierung, Vorstandsvorsitzenden-Orientierung gehabt hat. Ein Vorstandsvorsitzender, der denkt immer eigentlich in Veränderungen in Organisationslernen. Nicht alleine deswegen, weil das für die Organisation so lebenswichtig ist, sondern weil letztlich die lokale Rationalität einer Spitzenposition in der Organisation davon hängt, Veränderung zu signalisieren. Das macht einen erfolgreichen Manager aus. Damit kann man erklären, weswegen bei einem Vorstandswechsel sehr häufig ja sofort mit einem Change-Management-Projekt begonnen wird. Ich weiß nicht, wie das in euren Organisationen sind, aber jedenfalls die Beobachtung, die ich in Beratungsprojekten gemacht habe, man hat einen neuen Vorstandsvorsitzenden und das Erste, was gemacht wird, ist, dass das Organigramm umgebaut wird. Das hängt damit zusammen, dass in der lokalen Rationalität einer Organisationsspitze Organisationswandel das zentrale Kriterium für Erfolg ist. Wenn das jemand nicht machen würde, dann hätte er als Vorstandsvorsitzende oder als Vorstandsvorsitzende entsprechende Rechtfertigungsnotwendigkeiten. Deswegen denken die immer sowieso schon in Organisationslernen oder in Wissensbasierung und nicht so sehr in den Prozessen, die eigentlich den Alltag der Organisation darstellen. Und das ist das, was jetzt aus einer soziologischen Perspektive interessant ist, nämlich die Frage, wie viel Lern und wie viel Wissensbasierung trauen wir uns eigentlich bei den Regelprozessen der Organisation zu. Ich denke jetzt daran, ja, an die Frage, wenn ich innerhalb der Struktur einer Organisation eine bestimmte Entscheidung treffen muss, wie stark darf ich das eigentlich in Frage stellen und kritisieren. Und da möchte ich nur so ein paar Beispiele bringen, damit ihr versteht, worum es geht. In der Regel ist es so, dass wenn man über die Hierarchie eine bestimmte Entscheidung vermittelt bekommt, und ich gehöre auch zu denjenigen, die überhaupt nicht daran glauben, dass Hierarchien in Organisationen verschwinden werden, also wenn man über Hierarchien bestimmte Entscheidungen vermittelt bekommt, ja, dann gibt es eine Sache, die man automatisch im Blut der Organisation hat, nämlich dass hierarchische Entscheidungen nicht in Frage gestellt werden dürfen oder sollten. Das heißt, man darf es zwar einmal artikulieren, man darf sagen, lieber Vorgesetzter, ich finde das jetzt keine gute Idee, was da im Moment gerade stattfindet, aber wenn denn da Vorgesetzte oder die Vorgesetzte darauf besteht, dass es so gemacht wird, dann kann man ja nicht sagen, ach, das nehme ich jetzt mal als Anlass, die ganze Strukturfrage bei uns, also die ganze Strukturenfrage zu stellen und zu fragen, inwiefern diese Hierarchie überhaupt berechtigt ist, mir solche Anweisungen zu geben. Und das Gleiche ist auch bei der Programme oder bei den Regelwerken der Organisation, wenn es bestimmte etablierte Regeln und Programme in der Organisation gibt, dann sind die erstmal zu befolgen. Und wenn man von diesen Regeln abweicht, dann ist man diejenige Person, die in Rechtfertigungsnotwendigkeiten steht. Und das, was jetzt meine These ist, dass automatisch dadurch, die Organisation kann auf diese Form von Struktur nicht verzichten. Also stellt euch eine Organisation vor, die ermutigen würde, nicht nur auf der Schauseite der Organisation, wo sich der CEO hinstellt und sagt, ach und übrigens, ihr dürft mich jederzeit ansprechen, wenn euch was nicht gefällt, sondern jetzt in der Realitätsstruktur einer Organisation, wenn die so funktionieren würde, dass bei jeder Entscheidung die Struktur, die dahinter liegt, infrage gestellt werden dürfte. Die Organisation möchte ich sehen, wie die funktioniert. Das gibt es vielleicht bei irgendwelchen Internet-Startups mit 5, 6, 7 Leuten, da funktioniert das noch, aber sobald man bei 50, 100 oder 150 Mitarbeiter ist, ist die Akzeptanz von Struktur mit einer der Grundbedingungen, dass die Organisation überhaupt so etwas wie eine Effizienz entwickeln kann. Und jetzt ist der Effekt, dass dadurch, dass sich so eine Organisation so eine Struktur gibt, automatisch blinde Flecken in der Organisation entstehen. Und zwar einmal durch die Formalstruktur, also durch die Art und Weise, wie die Organisation ihre Aufbauorganisationen organisiert, über Matrixorganisationen, funktional, regional oder ich weiß nicht wie. Automatisch dadurch entstehen schon blinde Flecken, teilweise auch noch verstärkt durch bestimmte Organisationskulturen. Und was ich jetzt interessant finde, und das ist so eine der Überlegungen, die ich versucht habe, vor 15, 20 Jahren schon in dem Regenmacherphänomen rauszuarbeiten, ist, wie sich da selbst verstärkende Effekte ausbilden. Also die starren Strukturen der Organisation führen dazu, dass die Organisationsmitglieder nur noch einen sehr begrenzten Ausschnitt ihrer Umwelt überhaupt wahrnehmen. Das ist eine Art Filter, durch den Informationen aus der Umwelt überhaupt reinkommen. Und das bestätigt die Organisation natürlich darin, dass sie mit ihren aktuellen Organisationsstrukturen völlig richtig liegt. Und die Strukturen und Regeln werden dann weiter verfestigt, die Filter werden auf diese Weise weiter verfeinert. Und es entsteht so ein selbst verstärkender Effekt, dass die Strukturen sich eigentlich permanent darin bestätigen, dass sie doch noch gut funktionieren. Und dann irgendwann mal das böse Erwachen kommt, dass man bestimmte Sachen übersehen hat, die sich entwickelt haben. Ich habe jetzt nur mal zwei Beispiele mitgebracht, weil die, das ist ja so ein bisschen historisch von der Anlage, hier 20 Jahre Wissensmanagement und Lernende Organisation, die noch aus der Frühgeschichte der Betrachtung von Wissensmanagement ist. Das eine ist, ich weiß gar nicht, ob überhaupt jemand, Faceit AB, ich weiß nicht, ob überhaupt noch jemand das kennt, da müssen schon die älteren Kollegen machen. Das war einmal einer der führenden Hersteller von automatischen Rechenmaschinen, Schreibmaschinen, Computern und Büromöbeln, die letztlich ihren ganzen Vertriebsstruktur darauf ausgelegt hatten, mechanische Rechenmaschinen zu verkaufen. Und durch die Auslegung ihrer Marketingstruktur und ihrer Vertriebsstruktur nicht in der Lage gewesen sind, zu erkennen, dass sich sowas wie Computer überhaupt ausgebildet haben. Was ganz ähnlich ist bei IBM mit Großrechnern. Man kann sich ja fragen, wie kommt es, dass IBM den Trend zu PCs verschlafen hat? War einfach das CEO, waren die unfähig oder so? Nee, man kann das genau erklären mit der Struktur, die sich gegeben haben. In dem Moment, wo der Vertrieb und das Marketing und Forschung und Entwicklung auf Großrechner ausgelegt gewesen ist, verschwindet die Frage von PCs automatisch aus dem Blickfeld der Organisation. Das ist automatisch das, was letztlich durch die Struktur einer Organisation als blinder Fleck produziert wird. Das lässt sich gar nicht vermeiden. Das lässt sich gar nicht vermeiden. Und jetzt könnte man eine Hypothese aufstellen. Das ist so eine Sache, die wir im Moment überlegen. Wie kann man eigentlich solche Trends wie Big Data, digitale Transformation oder Industrie 4.0 erklären? Das ist ja schon auffällig, wie lämmigartig das Management eigentlich auf solche Buzzwords aufspringt. Da wird ja nicht groß überlegt, passt das jetzt zu meiner Organisation oder nicht, sondern es wird in der Regel fast monoton wiederholt, dass man bei diesen Trends, digitale Transformation, Big Data, Industrie 4.0 mitmachen muss. Und eine Arbeitshypothese, die ich habe, und die würde ich gerne auch mit euch diskutieren, ist die Frage, ob das eventuell eine Reaktion darauf ist, dass man weiß, dass man blinde Flecken sowieso durch seine Struktur der Organisation sich bildet und deswegen so sensibel ist, was bestimmte Management-Moden im Moment angeht. Also ist die Reaktion oder das Mitmachen von Management-Moden eventuell geboren aus einer Panik, dass man irgendetwas Wichtiges eigentlich übersehen hat? Hypothese, die wir diskutieren können. Jetzt komme ich zur Überleitung zu meinem dritten Punkt, der mich eigentlich am meisten im Moment umtreibt. Wir wissen eigentlich aus, sowohl aus unseren Beratungsprojekten als auch aus unseren Forschungsstudien über Organisation, dass es in Organisationen immer so etwas wie alternative Wissensbestände, konkurrierende Perspektiven, ungewöhnliche Sichtweisen gibt. Also obwohl die Formalstruktur und teilweise auch kulturell verstärkt die Organisationskultur oder die informale Struktur blinde Flecken automatisch produziert, weiß man eigentlich aus Studien über Organisationen sehr wohl, dass es konkurrierende Sichtweisen, alternative Varianten immer gegeben hat. Und die Frage ist, kommen die in irgendeiner Form an die Oberfläche in der Organisation oder werden sie unterdrückt? Also wie geht man eigentlich mit der Frage von brisanten Themen in Unternehmen oder in Verwaltung um? Und das Thema des Tabus ist aus meiner Sicht das, was man angehen müsste, wenn man über Wissensmanagement und Organisationslernen spricht und was eventuell nachher am Ende auch eine Aussage oder eine Hypothese zulassen würde über die Frage, wie weit man mit solchen IT-gestützten Wissensmanagement-Konzepten eigentlich kommt. Also was ist eigentlich ein Tabu in der Organisation? Niklas Luhmann, also der Systemtheoretiker, der für uns Organisationssoziologen die zentrale Referenzperson ist, die hat es mal genannt, das ist das Fehlen bestimmter Themen zur Ermöglichung und Steuerung von Kommunikation. Jetzt merkt ihr, was es bedeutet hätte, wenn ich den ganzen Vortrag systemtheoretisch aufgebaut hätte. Also es gibt bestimmte Themen, die in der Kommunikation nicht gewünscht sind, die nicht vorkommen dürfen und wo sofort der Strukturschutz der Organisation anspringt und versucht, genau dieses Thema zu verhindern. Das ist eigentlich ein ganz alltäglicher Prozess, der nicht nur in Organisationen stattfindet, sondern genauso in Gruppen, in Familien, Protestbewegungen. Es gibt immer das Anspringen von Schutzmechanismen gegenüber bestimmten Themen. Also angenommen, ihr würdet mich jetzt fragen, weswegen ich hier überhaupt einen Vortrag halte, dann gibt es bestimmte akzeptierte Antworten drauf. Es gibt bestimmte nicht akzeptierte Antworten, die sofort zu Unwohlsein führen würden. Also akzeptierte Antwort ist zu sagen, so eine illustre Runde trifft man ja sonst ganz selten. Oder es gibt eine einmalige Möglichkeit, bestimmte Überlegungen zum Wissensmanagement hier mal zu präsentieren. Wenn ich sagen würde, naja, es gibt niemanden, der so gut bezahlt wie diese Organisatoren, wäre das schon so an der Grenze dessen, was man thematisieren könnte. Und es wäre vermutlich auch ein bisschen gelogen. Und wenn ich mich jetzt hinstellen würde und sagen würde, ich mache das deswegen so gerne, weil ich so ein eitler Hecht bin und mich so gerne reden höre, würde das auch sofort eine gewisse Unruhe in der Gruppe produzieren. Das heißt, ihr könnt gar nicht wissen, was eigentlich genau die Motive sind, die mich treiben, hier aufzutreten, weil in dem Moment, wo ich sie darstellen muss, muss ich mich letztlich an das halten, was in diesem sozialen Gebilde, jetzt gerade als soziale Erwartung vorherrscht. Ich kann nur das sagen, was eigentlich erwartet wird. Wenn ich irgendwas anderes mache, was nicht erwartet wird, kommt es sofort zur Krise dieser Gesprächssituation oder zur Krise in der Organisation. Und das Gleiche kann man auch in jedem Change Management, in jedem Beratungsprojekt immer beobachten, dass es immer den Moment gibt, wo man an bestimmten Punkten dran ist, wo man merkt, das kann die Organisation eigentlich nicht mehr ertragen. Also ich kann ein Beispiel mal nennen, ich muss mal gucken, dass ich sie ausreichend gut anonymisiert bekomme, weil man weiß ja nicht, wer da jetzt alles im Livestream ist. Es ist ein Projekt, was ich durchgeführt habe für eine große multinationale Entwicklungshilfeorganisation. Und es ging bei dieser Organisation um die Frage, welche Rolle spielen eigentlich die nationalen Fachkräfte? Nationale Fachkräfte, also die haben nicht nur diese gut bezahlten internationalen Berater und Projektmanager, sondern sie haben immer vor Ort in jedem asiatischen, afrikanischen Land auch die entsprechenden lokalen Fachkräfte. Und so die Standardannahme ist zu sagen, naja, man baut damit lokales Know-how auf oder es wird gesagt, naja, die sind ja vergleichsweise günstig, man ist näher dran. Und wir haben dann bei einer Beratungsstudie rausbekommen, dass die Hauptfunktion eigentlich ist, dass diese lokalen Fachkräfte in der Lage sind, die korrupten politischen Netzwerke in diesen Ländern effizient zu bedienen. Das ist eigentlich die Hauptfunktion, die sie haben. Man will eigentlich gar nicht genau wissen, wie sie es machen, aber irgendwie kriegen sie bestimmte Investitionsentscheidungen zum Beispiel dieser großen multinationalen Bank entsprechend durch. Naja, und jetzt ist ja die interessante Frage, was passiert in dem Moment, wo man das in einem organisationalen Kontext, so in Richtung Organisationslernen und Wissensmanagement anspricht? Und meine Erfahrung ist gewesen, ich habe das denn rausgearbeitet im Rahmen dieses Beratungsprojektes, gesagt, das ist eigentlich die zentrale Funktion, die es gibt, das wurde auch in den Einzelgesprächen dann gut deutlich, dann habe ich es mal im Workshop präsentiert und plötzlich bestritten alle Teilnehmer, die mir vorher im Einzelgespräch gesagt haben, dass das eigentlich die zentrale Funktion ist, genau diese Funktion. Und ich habe dann gefragt, wie kommt das denn? Ich habe mir das doch alle im Einzelgespräch gesagt. Dann haben sie gesagt, naja, ist dir nicht aufgefallen, dass dieser eine Mitarbeiter, den du noch nicht kennst, dass das der Mitarbeiter aus der Compliance-Abteilung bei uns ist? Und da merkt man, wie der Zensurmechanismus in der Organisation anspringt. Naja, und jetzt ist das nur ein Beispiel aus einer Organisation, ich könnte unendliche weitere nennen, aber ich finde, die Herausforderung besteht jetzt darin, wie gelingt es eigentlich, an diese Fragen ranzukommen im Rahmen des Organisationslerns und des Wissensmanagements? Wie geht das eigentlich? Weil das Problem ist immer in dem Moment, wo man letztlich so ein Tabu anspricht, riskiert man etwas als Mitarbeiter. Und da kann man noch so sehr auf der Schauseite sagen, bei uns ist Organisationslernen und Wissensmanagement so wichtig. In dem Moment, wo man die Informationen bringt, hat man ein enormes Risiko. Wir haben vor kurzem eine Studie durchgeführt bei einem, sagen wir jetzt mal, französischsprachigen Unternehmen, was früher in Staatsbesitz gewesen ist. Und es ging um bestimmte Kulturmuster der Restrukturierung. Also die nutzen Restrukturierung zum Abbau von Personal. Und der Auftrag, den wir vom Metaplan hatten, bestand darin, mal rauszuarbeiten, was eigentlich genau diese Effekte sind von diesen Kulturen der Restrukturierung, die sich in diesem französischen Unternehmen eingespielt haben. Und wir haben das dann rausgearbeitet, was es ist. Und jetzt kann man sagen, naja, das ist ja jetzt für das Wissensmanagement und für das Organisationslern extrem wichtig zu gucken, was sind eigentlich ungewollte Effekte, die wir produziert haben. Und wir haben dann eben sowohl die entsprechenden PowerPoint-Präsentationen gemacht, als auch eben so eine 20-seitige Studie geschrieben. Und das sind in einem kleinen Kontext vorgestellt. Und die Aussage, die dann vom entsprechenden Abteilungsleiter kam, war, dass der Mitarbeiter, der es wagt, das aufs gemeinsame Laufwerk zu stellen, diese Studie, sofort eine Abmahnung bekommt. Weil die Überlegung ist ja, wie kriegt man den Personalvorstand, dieses Konzerns, relativ groß, dazu, das überhaupt mal zur Kenntnis zu nehmen, was innerhalb seiner Organisation eigentlich stattfindet. Das war genau die Intention, die da stattfindet. Aber gleichzeitig war jedem in der Organisation klar, dass diese Information darüber, wie die Organisation wirklich tickt, so sensibel ist, dass derjenige, der die Information nach oben spielt, riskiert geköpft zu werden. Das ist eine der Vorzeigeorganisationen für Wissensmanagement und Organisationslernen. Also absolut nicht untypisch. Also absolut nicht untypisch, aber es stellt ja letztlich für diejenigen, die sich für Wissensmanagement und für Organisationslernen interessieren, die ganz wichtige Frage, was macht man denn mit genau solchen tabuisierten Informationen? Also gar nicht so sehr, wie erhebt man sie, sondern wie verarbeitet man sie innerhalb der Organisation? Und ich habe jetzt eine Beobachtung gemacht, dass gerade Organisationen, die eine starke Organisationskultur haben, die von sich selbst überzeugt sind, diejenigen sind, die normalerweise die Tabuisierung von bestimmten Themen besonders prominent machen. Und zwar deswegen, weil starke Ideologien und eine starke Organisationskultur ist in der Regel nichts anderes als eine starke Ideologie, besonders gut darin sind, bestimmte Prozesse noch über die Formalstruktur hinweg zu tabuisieren. Also denkt zum Beispiel an religiöse Organisationen oder was besonders interessant gewesen ist, sind so Unternehmen der New Economy, die ich mal untersucht habe, die sehr von sich eingenommen sind, sehr von sich überzeugt sind, die genau an den Punkten, auf die sie besonders stolz gewesen sind, besonders lernresistent waren. Und wo man richtig Ärger kriegen konnte, wenn man als Mitarbeiter oder auch als Externer in der Lage gewesen ist, bestimmte Punkte, die der Ideologie, die der Schauseite widersprochen hat, entsprechend, ja, entsprechend in Frage zu stellen. Testkriterium wäre, nimmt euch irgendeine Organisation, die auf das Wissensmanagement oder auf das Organisationslernen besonders stolz ist und versucht, in dieser Organisation darauf hinzuweisen, was die ungewollten Nebenfolgen eines gut ausgeprägten Wissensmanagements oder eines gut ausgeprägten Organisationslerns ist. Das wird sofort tabuisiert, weil ja das Organisationslernen, die Wissensbasierung selbst verabsolidiert wird. Ich habe da eine Erfahrung in einer Organisation mal gemacht, das war hochinteressant, Organisation innerhalb der Entwicklungszusammenarbeit, Entwicklungszusammenarbeit für diejenigen, die von euch, die das nicht kennen, das müsst ihr euch so vorstellen, das sind Organisationen, die eigentlich permanent gezwungen sind, Modewellen nachzuvollziehen und zwar deswegen, weil die Entwicklungshilfeprojekte vor Ort in der Regel scheitern. Und um trotzdem noch Legitimation als Entwicklungshilfeorganisation zu haben, muss man letztlich immer wieder sagen, so war nicht so richtig gut, aber wir haben da was Neues. Deswegen präsentieren die sich automatisch als lernende Organisation, weil sie eben so einen schnellen Wandel haben. Und die These, die ich da mal vorgestellt habe, ist zu sagen, dadurch, dass ihr so schnell euch wandelt, also immer wieder, immer wieder die neueste Mode mitmacht, könnt ihr gar nicht beobachten, was für Effekte eure einzelnen Entwicklungshilfeprojekte eigentlich haben. Ihr macht euch eigentlich selbst blind. Und das sind dann eben genau solche Tabupunkte, wo die Organisation nur sehr, sehr schwer in der Lage ist, das überhaupt zu verarbeiten. Ja, was heißt das jetzt? Ich komme zu meinem letzten Punkt. Es gibt eine bestimmte Überlegung, die ich jetzt provokant hier in den Raum stellen möchte und ich hoffe, dass ihr jetzt gleich ordentlich Widerspruch bringt. Also wenn ich jetzt davon ausgehe, dass Tabus in Organisation, bei Wissensmanagement und bei Organisationslernen eine so wichtige Rolle spielt, was bedeutet das eigentlich für die ganze Frage der IT-Stützung von Wissensmanagement? Und da wäre meine These, dass die Prinzipien von IT-gestützten Wissensplattformen, Offenheit und Transparenz, in der Regel die Mechanismen sind, die die Behandlung von Tabus eigentlich extrem schwierig machen. Das ist die These. Also man kriegt durch die Offenheit und Transparenz dieser Systeme die eigentlich kritischen Aspekte, nämlich die Tabus in der Organisation, nicht nach oben gespielt. Weil man nicht weiß, was mit den Informationen passiert, weil man nicht weiß, ob man wirklich als Person geschützt ist, wenn man diese entsprechenden Informationen verwendet und weil man nicht weiß, ob die Informationen überhaupt an die richtigen Stellen geraten. Also wenn man sich jetzt überlegt, das ist ja durch die Medien gegangen, deswegen kann man den Fall ja jetzt hier nennen, wenn man sich anguckt, VW oder Audi. Der interessante Punkt ist ja, wir wissen das ja inzwischen sehr genau, dass da etliche Hunderte, wenn nicht Tausende von Mitarbeitern darüber Bescheid wussten, was da stattgefunden ist. Wie hätte eigentlich ein IT-gestütztes Wissensmanagementsystem ausgesehen, was in der Lage gewesen wäre, mit solchen Informationen umzugehen? Vermutlich wäre es über die IT-Gestütztheit nicht gelungen, diese Informationen so in der Organisation zu verarbeiten, dass man damit umgehen kann. Also man könnte die These aufstellen, dass die IT-gestützten Wissensmanagementsysteme eher dazu führen, bestimmte Tabus als Tabu in der Organisation so entsprechend beizubehalten und dass die Mechanismen oder die Möglichkeiten zur Aufarbeitung oder zur Bearbeitung von Tabus eher so in ganz klassischen Face-to-Face-Interaktionen liegen. Und das ist so ein Punkt, an dem wir im Moment auch gerade arbeiten, zu überlegen, was sind das eigentlich genau für Punkte? Also es gibt so eine Regel oder eine Heuristik, die sich bei uns herausgestellt hat in der Arbeit, in dem Moment, wo ihr drei Hierarchiestufen in einem Workshop habt, setzen automatisch Zensurmechanismen ein. Zwei Hierarchiestufen gehen noch drei Hierarchiestufen nicht. Deswegen kann man in fast jeder Organisation davon ausgehen, dass wenn drei Hierarchiestufen anwesend sind, man deutlich weniger, deutlich weniger an kritischen Themen diskutieren kann, als wenn zwei Hierarchiestufen da sind. Eine weitere Überlegung, die mir eigentlich immer deutlicher wird, ist, dass viele Informationen gar nicht in Workshops prozessiert werden, sondern in den Vor- und Nachbereitungsgesprächen zu den Workshops. Und zwar deswegen, weil da Tabus oder Kommunikationslatenzen ganz anders bearbeitet werden können. Das sind so Überlegungen, die es darum geht, um die es geht, also sich zu überlegen, wie kann man eigentlich vermutlich eben sogar jenseits der IT-gestützten, IT-gestützten Systeme bestimmte Mechanismen des Organisationslernens, des Wissensmanagements aufbauen, die es ermöglichen, eben an diese Kommunikationslatenzen wenigstens teilweise heranzukommen. Vielleicht nicht die Zukunft des Wissensmanagements gerade im Schatten der IT-Strukturen. Herzlichen Dank. Ja, spannend. Also ich bin noch im Nachdenken drüber, was man Leuten in Unternehmen eigentlich empfehlen könnte. Also Dummheit kommt vor, die stellt sich wahrscheinlich automatisch ein, habe ich jetzt gelernt. Blinde Flecken sind auch etwas, was aus dem System heraus entsteht. Wenn man das jetzt mal weiß und so Kenntnis nimmt, was mache ich dann? Gibt es da Ideen dazu? Oder machen wir morgen einen Barcamp zu dem Thema? Also ich bin mir ganz sicher, also wenn das jetzt bei euch so durchgegangen ist, dann ist irgendwas schief gelaufen. Also ich kann mir nicht vorstellen, dass das jetzt alles akzeptiert ist. Deswegen glaube ich, können wir automatisch sofort ins Gespräch eintreten. Okay. Okay. Warte, ich will mich mit Ihren Fragen. Ja, ich würde Ihnen gar nicht mal von meiner Begeisterung für Wissensmanagement und so weiter, da habe ich natürlich auch jetzt ein Störgefühl erstmal, ganz klar. Aber ich komme jetzt mal von einer ganz anderen Ecke, von einer Evolutionsbiologie. Eine Gesellschaft hat natürlich per Evolution, auch die Grundmechanismen mit der Kultur sind ja zunächst über biologische Evolution bei uns reingekommen, hat eine gesellschaftsstabilisierende Funktion. Das heißt, alle Verhaltensweisen, die dazu beitragen, eine Gesellschaftsform. Und früher war es ja eh außen alles konstant. Also die Rahmenbedingungen waren in der Steinzeit über Jahrhunderttausende relativ ähnlich. Gut, Klimaänderungen gab es, aber von einer Generation zur anderen hat sich wenig getan. Das heißt also, alles, was ein System stabilisiert hat, war willkommen. Und das hat sich tief, also quasi religiös in unsere Handlungsimpulse hineingearbeitet. Und insofern ist das einerseits verständlich. Auf der anderen Seite ist es natürlich so, Sie sagen, diese Tendenz zum stetigen Wandeln und diese Mode lernen zu wollen. Von oben, gut, dass das widerspricht ja zunächst mal dieser Tendenz zur Konstanz. Aber wie gesagt, letzten Endes, wenn einmal eine machtunterschutzte Ideologie sich eingenistet hat, ist die eben sehr schwer auszutreiben. Und das kann ich aus dieser evolutionsbiologischen Sicht sofort nachvollziehen. auch wenn es mir jetzt widerstrebt, das für unser Thema anzunehmen. Das ist eine andere Geschichte. Ja, ich finde das ein ganz wichtiger Punkt. Man kann ja sagen, es gibt ja gute Gründe, weswegen bestimmte Themen in der Organisation tabuisiert sind. Und es gibt gute Gründe, weswegen Organisationen blinde Flecken haben. Würde ich auch genauso zustimmen. Also das könnte man evolutionsbiologisch herleiten, aber man kann es auch einfach als organisational rational bezeichnen. Bloß die Frage ist, ob man an der Stelle jetzt als Wissensmanager oder als Organisationslerner Stopp machen kann. Weil das ist natürlich ein Problem, wenn man jetzt den Managern von VW oder Audi sagen würde, das ist alles nachvollziehbar, wie das bei euch gelaufen ist. Das ist einfach Strukturschutz, dass ihr bestimmte Informationen nicht auf das Risiko hindurch geprüft habt, was passieren kann, wenn das jetzt mal irgendwann bekannt wird. Alles nachvollziehbar, sondern die Herausforderung besteht erstmal darin, die Tabuthemen, die Kommunikationslatenzen in der Organisation geschützt zu identifizieren. Dann zu überlegen, zweiter Schritt, wie wichtig ist der Strukturschutz für die Organisation eigentlich? Weil man hat ja auch nichts davon, wenn man das in der Organisation jetzt thematisiert und die Organisation an der Auseinandersetzung über dieses Thema auseinanderbricht. Und der dritte Punkt ist, wenn man identifiziert, dass ein bestimmtes Tabu erfolgskritisch sein könnte, wenn das plötzlich irgendwie zum Beispiel dazu führt, dass bestimmte Marktentwicklung übersehen wird, dann ist die Frage, ja, wie geht man das eigentlich als Wissensmanager oder als Changemanager an? Wie kann man das eigentlich genau bearbeiten? Also von daher vollkommene Zustimmung zu dem, was Sie gesagt haben. Trotzdem kommt man, glaube ich, in bestimmten Momenten nicht drum herum, sich zu überlegen, wie man mit dem Strukturschutz so umgehen kann, dass man ihn wenigstens angenagt bekommt. Okay. Ja, Carsten Eames von Siemens. Ist ja auch eine große Organisation mit einer gewissen Stabilität. Ja, erstmal faszinierend der Vortrag und faszinierend, dass ein Systemtheoretiker das Wort Unwohlsein verwendet, weil da verlässt man ja so diesen kalten Blick und spricht eigentlich darüber, dass vielleicht Sachen deswegen nicht angesprochen werden, weil man ganz banal um seinen Arbeitsplatz fürchtet, um sein Image. Also in dem Moment, wo ich auf der individuellen Ebene bin, ist das Unwohlsein ja oder die Tabuisierung ja verständlich, dass das nicht kommuniziert wird. Zur Rolle der Offenheit und Transparenz, da wäre vielleicht die These, dass jetzt in den letzten fünf bis zehn Jahren haben wir ja so viele IT-Systeme, dass die Nachvollziehbarkeit massiv zunimmt, weil wir ja also fast nichts mehr auf Papier machen, bestimmte Sachen noch in im persönlichen Gespräch, aber spätestens seit eben die Social Media in die Unternehmen geschwappt sind, ist ja schon nachvollziehbar, wer was wann mal wo geschrieben hat. Es werden auch immer kleinere Fragmente, aber die werden transparent. Insofern könnte es die These sein, dass ja, eine befreundliche Berater hat es mal formuliert, der ganze Schmutz wird jetzt eigentlich vorgekehrt durch die Social Media und die werden jetzt sichtbar. das müsste was mit der Organisation machen. Oder du hast die Gegenthese und sagst mir jetzt, weshalb selbst diese Digitalisierung, diese unglaubliche quantitative Zunahme von Nachvollziehbarkeit, Wikis, jede Änderung wird mitgeschrieben, doch noch irgendwie wieder konterkariert werden kann vom Immunsystem der Organisation. Das würde mich interessieren. Ja, mich auch. Also das ist genau das, was wir versuchen in dieser Studie über digitale Transformation rauszukriegen. Was für eine Rolle spielen eigentlich genau solche intern IT-gestützten Kommunikationsprozesse in Organisationen? Und es gibt aus meiner Sicht mehrere Interpretationsmöglichkeiten. Ich will mal zwei vorstellen. Die eine ist zu sagen, naja, das ist im Prinzip so was wie, das ist jetzt bei Siemens vermutlich nicht so, dass man noch Klosprüche ranschreibt an Klotüren. Das ist, nee, nee, eher unwahrscheinlich. In Universitäten kommt das ab und zu mal vor. Also das ist eine bestimmte Form von hochinteressanten Kommunikationsmedien gewesen, teilweise ja immer noch, weil man bestimmte Sachen erfährt, die normalerweise nicht offen in Vorlesungen oder Seminaren angesprochen werden. Deswegen, also ich gehöre zu denjenigen, die mit einem gewissen, mit einer gewissen Freude diese Klosprüche gelesen haben. Teilweise kann man darauf auch Aufbau- und Organisationsstudien machen. Jetzt kann man sagen, die Effekte der Klosprüche, das ist jetzt nur, ich überspitze es mal, damit mein Argument deutlich wird, das verlagert sich in die Social Media. Also ein Effekt, eine Funktion könnte sein, dass die Funktion des Auskotzens teilweise jetzt da stattfindet, aber natürlich besteht darin auch ein bestimmter Informationsgewinn. Das wäre die eine Hypothese und eine andere Hypothese könnte darin bestehen, zu sagen, in dem Moment, wo Transparenz und Offenheit wirklich ernst gemeint ist in den Social Medias, verlagern sich die eigentlich interessanten Informationen in andere Kanäle. Die Klosprüche sind zumindest mal anonym und nicht nachvollziehbar. Ja, ja, genau. Da ist natürlich in dem Moment, wo das immer noch mit Personen unterlegt ist, kann die Social, können Social Media in einem Unternehmen natürlich nicht die gleiche Funktion haben, weil die Anonymisierungsfunktion nicht da ist. Da gibt es dann andere Kanäle, über die sich sowas äußert. Ich halte es für plausibler zu sagen, dass in den Social Medias innerhalb von Organisationen vergleichsweise wenig sensible Erfolgskritische Informationen eigentlich gehandhabt werden, sondern die verlagern sich woanders hin. Oder hat jemand ein Gegenbeispiel, wo er sagt, da haben wir über die Social Media bei uns eine Sache rausbekommen, thematisiert bekommen, die war vorher völlig unbekannt, das ist eine Erfolgsgeschichte. Direkt dazu? Achso, ein anderer Gedanke, ja. Gibt es irgendjemand, der sagen würde, da ist irgendein Tabu hochgekommen in der Organisation und wir haben eine produktive Form gefunden, damit umzugehen. Moment, ich komme mit dem Mikrofon, damit die Teilnehmer im Chat das auch hören. Also ich würde sagen, die Themen waren schon da oder auch bekannt, aber noch vielleicht war so dann eher die Möglichkeit, über eine größere Menge an Leuten zu diskutieren und dass man dann anders damit umgehen kann, als wenn es, weil für mich ist es eher Tabu, wenn es dann immer nur in der Kaffeeküche diskutiert wird, aber ja eigentlich nie irgendwo adressiert wird. Kannst du das noch konkreter machen oder ist das dann zu heikel? Ich überlege gerade, also wenn wir jetzt, weiß ich nicht, machen wir irgendwie, ich gucke jetzt mal meine anderen Audi-Kollegen an hier. Das ist immer automatisch, das ist jetzt schon ein Tabuthema, genau, ich merke es auch gerade, ich überlege. Also wir hatten zum Beispiel, wir hatten ja am Anfang mal von unseren sozialen Medien so eine krasse Diskussion, die ist richtig hochgekocht, weil irgendwie Sprung in der Scheibe bei einem Fahrzeug, Mitarbeiterleasing und da haben sich vereinzelt halt die Leute immer drüber aufgeregt, wie geht dann das Mitarbeiterfahrzeugcenter damit um. Ja, muss man nachzahlen und so weiter. Und dann wurde auf einmal wirklich eine krasse Diskussion hochgekocht, weil sich auf einmal so eine Menge an Menschen gebildet hat, die das bestätigt haben. Und das war, würde ich schon, also vorher, wie gesagt, Tabu in der Kaffeeküche, hat man drüber geredet und diskutiert und so weiter und da ist dann schon ordentlich, also hat man so ein bisschen so eine Power gemerkt, so eine Wut, die da hochgekommen ist. Das würde ich sagen, ermöglichen die sozialen Medien. Ja, okay, also das finde ich erstmal einen interessanten Gedanken. Wenn jemand den Schritt macht, was zu thematisieren, kann man dann in Reaktionen erkennen, ob es was auslöst oder nicht. Okay, ja. Ich bin selbst an dem Punkt noch suchend und gar nicht, ich will da gar keine jetzt vorgefertigte Meinung vorstellen, sondern bin da auch bereit, erstmal zu gucken, was für Erfahrungen ihr da gemacht habt. Also ich denke wirklich, die positiven, wenn sich die ersten Menschen trauen, dort auch Tabuthemen anzusprechen, dass dann die mehr Leute merken, okay, der ist ja morgen immer noch da. Also passiert, der wird jetzt nicht gleich gegangen. Also es ist eigentlich, vielleicht ist es gar nicht so ein krasses Tabuthema, wie ich denke. Also ich muss mich nur mal trauen, auch mal was zu sagen, dann sehen die anderen, oder passiert nichts, sondern ganz im Gegenteil, vielleicht kriegt er sogar noch irgendwie Unterstützung und ja gut, dass du mal den ersten, dass du das gemacht hast, dass du das geäußert hast. Vielleicht kommen wir so zu einer Organisation, die auch lernt, mit kritischeren Themen umzugehen. Und das glaube ich hilft, da helfen die sozialen Medien intern bei uns, weil sonst ist halt jeder so nur in seinem eigenen Sumpfgebiet. Nachgang dazu, gebe es gleich weiter. Eine große Angst für Leute, die in so Enterprise Social Networks arbeiten, die für Community Management zuständig sind, ist immer das Thema, dass zu viel Kritik hochkommt, dass Shitstorms entstehen. Jetzt entstehen die zwar sehr selten, weil die Leute unter ihrem Namen kommunizieren, also vielleicht hat man da schon diesen berühmten Filter im Kopf, aber trotzdem passiert es ab und zu schon, dass bestimmte Themen einfach losgehen und heftig diskutiert werden, in die man dann einfangen muss. Ich glaube, das ist auch ein Signal dafür, dass über solche Plattformen solche Themen dann tatsächlich eine ganz andere Reichweite gewinnen, als sie bislang haben. Genau, und da ist immer mein Ansatz, dass ich sage, ich finde es gut, dass es diese Plattformen gibt, weil dann kriegt man überhaupt mal mit, dass da ein Thema ist, weil das habe ich ja vielleicht vorher gar nicht mitgekriegt als Unternehmen. Also wenn es zwar überall diskutiert wird, aber so sieht man es ja dann mal. Also ich finde es eher gut. Ja, man müsste vermutlich sich genauer angucken, welche Themen werden dadurch befördert. Also es könnte gut sein, dass das so ist, dass zum Beispiel bestimmte Fragen der Unzufriedenheit mit bestimmten Arbeitsmitteln, also bestimmte legitime Themen sich darüber stark artikulieren können, aber bestimmte andere Themen darüber vielleicht nicht ohne weiteres sich durchsetzen können. Also dass es einen Selektionseffekt durch das technische Medium gibt, welche Themen hochkommen und welche Themen verschwiegen werden. Und das würde sich lohnen, das vermute ich, sich mal genauer anzugucken. Ich glaube noch nicht hochkommen. Also vielleicht lernen wir alle dazu. Ja. Vielleicht verändern sich auch die Tabuthemen. Ja. Also wir haben eine Studie, die jetzt bei uns an der Universität Bielefeld gemacht worden ist. Leopold Ringel ist der Kollege, der transparente Organisationen untersucht hat. Also Organisationen, die davon ausgehen, dass ein Höchstmaß an Transparenz und Offenheit in letzter Konsequenz ein Erfolgskriterium für diese Organisation ist. Er hat das anhand der Organisation der Piraten untersucht, der Piratenpartei, wo man jetzt nicht unbedingt sagen kann, dass das jetzt eine Erfolgsgeschichte ist. Viel wichtiger ist aber die Mechanismen, die er festgestellt hat. Nämlich, dass in dem Moment, wo so etwas wie ein Offenheits- oder Transparenzpostulat eingeführt worden ist, man festgestellt hat, dass man ja trotzdem bestimmte Informationen behandeln muss, die eben diesem Offenheits- und Transparenzpostulat nicht unterfallen. Und was er denn rausgearbeitet hat, dass zum Beispiel Vor- und Nachgespräche viel wichtiger geworden sind, die eben nicht gestreamt worden sind von der Fraktionssitzung. Das Interessante war, die Fraktionssitzungen haben sich sowieso nur die Mitarbeiter der anderen Fraktionen angeguckt, nicht die Parteimitglieder, so wie das ursprünglich mal gedacht gewesen ist. Und gleichzeitig gab es Mechanismen, unter dem Tisch bestimmte Zeichen zu machen, die dann nicht in den Livestream mit reingekommen sind. Also deswegen mache ich Ihnen ja hier auch Zeichen, wenn Sie klatschen sollen und nicht in der Hoffnung, dass es nicht mit da reinkommt. Also das heißt, man muss sich sehr, also ich finde, ich finde, es gibt bestimmte Effekte, die man über Transparenz und Offenheit oder bestimmte Themen, die man sicherlich in der Organisation vervielfältigt bekommt. Meine Vermutung ist aber, dass bestimmte Themen einfach rausfallen, weil sie zu kritisch oder zu sensibel sind, sodass sie auch nicht von unten in der Form von dem einfachen Organisationsmittel nach oben gebracht werden kann. Ich springe mal, ich versuche mal beiden zur Seite zu springen. Also das Beispiel, das du genannt hast, ja, das ist schon eine Schere im Kopf. Er hat ja was von dem kleinen Mädchen in des Kaisers neue Kleider. Also muss einer mal sagen, der Kaiser ist ja nackt. Ich glaube, was, so und jetzt die zweite Variante, ich bin Personaler und ich glaube, gerade die Personaler unter uns kennen viele Tabus, die berechtigt sind und die wir auch mit aller Macht schützen werden. Zum Beispiel Krankheitsfälle in der Belegschaft. Die möchte ich nicht transparent haben, auf keinen Fall, weil ich auch den Mitarbeiter schützen muss. Und das ist eine ganz andere Qualität von Tabu. Und dann möchte ich noch einen weiteren Aspekt, dann hängt glaube ich auch davon ab, wie groß ist eigentlich die Widersprüchlichkeit, um die es hier geht. Umso größer das Delta der Interessen ist, umso schwieriger ist es, transparent vorzugehen. Umso eher muss ich über Whistleblower-Kanäle, die definitiv außerhalb der Organisation liegen müssen und die absolute Anonymität sicherstellen, dafür sorgen, dass dieser Widerspruch überhaupt angesprochen werden kann. Also ich glaube, das sind zwei verschiedene Ebenen, die da mit reinspielen. Ja. Das würde in die Richtung gehen, anzufangen zu sortieren, was sind Themen, die transparent gemacht werden können, welche Themen müssen quasi in kleinem Kreis gehalten werden. Vermutlich macht es Sinn, also Personalinformation ist sicherlich einer der Aspekte, von denen man, von denen alle zustimmen und sagen würden, das ist ganz wichtig, dass sowas nicht ohne weiteres rausgeht. Interessant wird es bei den Themen, die so in dem Mittelfeld liegen. Also wo man sich, also ich finde den VW- und Audi-Skandal deswegen so interessant, weil ja die Frage für Wissensmanager sein müsste, welche Strategien hätte es geben müssen, um das überhaupt als Thema in der Organisation bearbeitbar zu machen. Das finde ich den Testfall. Das finde ich den Testfall. Und das sind diese Themen, die so liegen, wo wir nicht von vornherein sagen, die müssen unbedingt tabuisiert sein oder die kann man doch einfach über eine Wissensplattform laufen lassen, sondern die liegen genau in diesem Zwischenbereich. Und da ist die Frage, ob man über Social Media an solche Themen rankommt oder ob man nicht andere Mechanismen braucht, um sowas zu machen. Meine Vermutung ist, man braucht andere Mechanismen, die eben nicht auf Transparenz und Aufmerksamkeit setzen, sondern eben gezielt an die Tabus in Organisationen rangehen und die vermutlich ganz low-tech sind. Kleine Gespräche, wo wenig aufgezeichnet wird, wenig Streams dabei, aber man langsam bestimmte Informationen rauskondensieren kann, die dann den Charakter bekommen, dass man sie in irgendeiner Form in die Organisation geschützt zurückspielen kann. Na gut, das ist natürlich auch sehr stark klassisches Management, was man hat. Jeder gute, vernünftige, mittelständische Chef geht in die Produktion, redet mit den Leuten und erfährt dort entsprechend was. Es geht natürlich, je größer das Unternehmen wird, geht es verloren. Also das wäre so ein Mechanismus, denke ich. Ja, das ist sicherlich ein Aspekt. Also wir wissen eigentlich aus den organisationssoziologischen Studien, dass sehr viele Chefs eigentlich wenig wissen, was in der Organisation eigentlich abgeht. und das, also die Illusion über Balance Scorecard ist zu glauben, dass man weiß, wie so eine Organisation funktioniert, aber in Wirklichkeit sind ja diese Zahlen schon in der Regel so kondensiert und so verarbeitet und so präsentiert, dass eigentlich in der Regel wenig nach vorne kommt. Und da würde ich auch einen Unterschied machen von Organisationstypus zu Organisationstypus. Es gibt bestimmte Organisationen, wo die Spitzen der Organisation ein unmittelbares Interesse an den konkreten Arbeitsprozessen haben und die sich wenig vormachen lassen. Wenn man sich anguckt, wie so ein typischer Großkonzern funktioniert, hohe Fluktuation von Managern, wo ja die Regel häufig ist, bevor die Effekte dessen, was ich da jetzt gerade eingeführt habe, eintreten, muss ich möglichst weg sein, damit mir diese Effekte nicht zugerechnet werden können. Also ein sehr effizienter Mechanismus, um Karriere zu machen, fürs Organisationslernen begrenzt nützlich und gleichzeitig natürlich auch Organisationsspitzen, alles völlig rational und funktional, das kann man alles nachvollziehen, aber auch Organisationsspitzen sich dadurch schützen müssen, dass sie bestimmte Informationen eigentlich nicht wissen wollen. Also es gehört auch mit zu der Professionalität einer Organisationsspitze zu selektieren, welche Informationen man eigentlich haben möchte und welche Informationen man lieber gar nicht erst erfahren will. Gut, davon leben natürlich wir auch als Berater, dass wir teilweise diese blinden Flecken eigentlich sehr zügig in Gesprächen erkennen und dann versuchen, hoffentlich das sinnvoll zu kommunizieren. Das ist ja häufig ein Job, den wir haben. Ja, ich finde das, also ich finde erst mal die blinden Flecken rauszukriegen, vergleichsweise anspruchsvoll und ich finde auch, ist anspruchsvoll, Tabus und Organisation anzusprechen. Also die, das ist, also man kann sagen, jemand schlittert ja eigentlich an dem Moment längst, wo man als Berater rausgeworfen wird. Also dann ist man eigentlich an einem interessanten Thema dran. Also kurz vor der Entlassung als Berater ist der Moment, wo man weiß, man ist an bestimmten kritischen Aspekten eigentlich dran. Ja, würde ich auch sagen, ja, wenn einem das gelingt, das über einen längeren Prozess erfolgreich zu führen, ja, okay. Okay, wir haben eine oder zwei Fragen aus dem Chat. Karl-Heinz, der beobachtet ihn. Ja, wir fangen erst mal mit einer Twitter-Frage an. Da fragt Guido Neumann, Tabus haben ihren organisationalen Nutzen, genauso wie Nichtwissen. Wohin soll also ein Versuch, so etwas zu reduzieren, führen? Ja, das ist im Prinzip gleich die erste Frage auch gewesen mit, es gibt auch bestimmte evolutionäre Prozesse, die dazu führen, dass bestimmte Strukturen einfach stabilisiert sind und nicht in Frage gestellt werden. Und ich würde auch sagen, es gibt da keine eindeutige Antwort, die in die Richtung geht, alle Tabus müssen aufgelegt werden oder alle Kommunikationslatenzen müssen angesprochen werden in einer Organisation. Das ist, einmal wäre es falsch und auch völlig naiv, weil man merkt dann sehr deutlich, wie der Strukturschutz der Organisation einspringt oder anspringt. Sondern die interessante Frage ist, zu identifizieren, was sind eigentlich die Kommunikationslatenzen oder die Tabus der Organisation, wo eventuell ein Wissensbestand oder ein Effekt da ist, wo die Organisation eine Dynamik entwickeln kann. Und was wären die Effekte, wenn man wenigstens teilweise an diese Tabus rankommt? Das heißt, statt für eine Offenlegung von Tabus zu plödieren, geht es eher darum, ein Gespür dafür zu entwickeln, wie bestimmte Tabus, einzelne Tabus in Organisationen wirken und was passieren würde, wenn man es anspricht. Und dann zu gucken, wie weit man da ins Risiko gehen kann. dieser Guido Neumann schiebt noch einen Tweet hinterher und sagt, es soll jetzt versucht werden, Licht ohne Schatten zu produzieren. Das klingt so, als wenn das eine ohne das andere gar nicht ginge. Also Wissen ohne Nichtwissen nicht möglich ist und wir einfach damit leben müssten. Ja. Naja, auch da ist im Prinzip die Antwort zu sagen, es ist eben nicht schwarz-weiß. Es ist nicht ein Plädoyer dafür, jetzt Transparenz und Offenheit wirklich ernst zu meinen und nicht nur auf der Schauseite der Organisation zu präsentieren, sondern es ist ein, die Idee ist im Rahmen des Wissensmanagements oder des Change-Managements systematischer diese Tabus anzugehen, die vermutlich über die IT-gestützten Verfahren nicht offensichtlich werden. Das ist die Idee, die dahinter steckt. Und das muss man sich in jedem einzelnen Fall angucken. Also selbst bei dem Fall dieses französischen ehemaligen Staatsunternehmens. Ich bin mir da selbst auch noch unsicher, was die Effekte ist. Also ist der Strukturschutz dieses Abteilungsleiters berechtigt gewesen, der gesagt hat, das kommt mir nicht auf das gemeinsame Laufwerk drauf? Ist es berechtigt oder ist es ein Moment, wo eventuell irgendwann mal der Personalvorstand sich beschwert und sagt, weswegen habe ich diese Informationen eigentlich nicht in der Form aufbereitet bekommen? Das ist häufig einfach eine Sache, die im Detail beantwortet werden muss, um zu gucken, ob es ansprechbar in der Organisation gemacht werden sollte oder nicht. Wir haben noch eine Frage aus dem Chat, die ist wahrscheinlich gar nicht so einfach, jetzt zu beantworten, aber vielleicht können wir da noch etwas liefern. Gerhard Peter fragt, ich wäre an den Referenzen interessiert, die Professor Kühl am Anfang genannt hat, zur Functional Stupidity, Entscheidungsrationalität, Technology of Foolishness und Ignoranz der Ignoranz. Ja, das kann ich nachliefern. Da ist das Prinzip, die Serviceleistungen im Vorfeld sind vermutlich exzellent gewesen, im Nachzug werden sie genauso sein. Ich könnte jetzt natürlich auch sagen, steht alles im Regenmacher-Phänomen drin, dieses Buch, was nur 24 Euro kostet und dann auch noch so aufbereitet, dass man nicht mal nachlesen muss in den Originaltexten, was es eigentlich bedeutet. Aber ich liefere die gerne nach, als Referenzen, auch gerade deswegen, weil das eigentlich sehr sympathische und nette Konzepte sind. Okay, das war es aus dem Chat. Okay, prima, aber trotzdem sind auch alle im Livestream aufgerufen, weiter Fragen zu stellen. Sie, ihr habt alle gemerkt, es kommt an. Ich schaue mal in die Runde, wie viele Themen, Fragen gibt es denn hier eigentlich noch? Ich habe einen gesehen. Ja, dann fangen wir doch da mal an, oder? Wollen wir, fangen wir an? Oder ist es nicht ganz einfach? In dem Moment, wo eine erkleckliche Anzahl von Tabubrechern, Offenlegern, Fachkollegärts Whistleblower genannt, mit Hinblick auf den VW-Skandal, in dem Moment, wo es sichtbar wird, dass diese Personen in einer hierarchischen Organisation, dass sie gesagt haben, Hierarchie wird es noch ein bisschen geben, eben durchaus Karriere machen können. Also nicht nur einer, sondern vielleicht einige. In dem Moment, wo das sichtbar wird, könnte das nicht die Kommunikationskultur dann verändern. Das ist natürlich etwas, was nicht von heute auf morgen geht, weil so eine Karriere betrachtet man ja vielleicht schon auch mal über 20 Jahre mitunter. Das ist jetzt eher so eine Vorstellung für die Zukunft. Ja, deine Fragen war ja, was kann man machen, damit die Tatsache so eine Klinik kopiert werden? Ja. Also die, ich versuche das mal auszuspinnen, was es bedeuten würde. Also ich weiß nicht, wie das jetzt bei euch im Unternehmen ist, aber jedenfalls bei uns im Beratungsunternehmen und auch bei uns an der Universität ist es ja schon so, dass man ab und zu mal Anweisungen bekommt, wie man sich zu verhalten hat. Und mir geht es häufig, ich spreche jetzt mal aus meiner Tätigkeit an der Universität, mir geht es häufiger so, dass ich denke, das ist eigentlich totaler Schwachsinn, was sie sich da überlegt haben. Das macht überhaupt gar keinen Sinn. Das müsste man eigentlich ganz anders machen. Das heißt, ich wende mich in dem Moment gegen die Formalstruktur und mache die Sache ganz anders. und jetzt gibt es zwei Varianten, die dabei eine Rolle spielen. Die eine Variante ist, dass ich es einfach mache. Das geht bei uns an der Universität vermutlich deutlich besser als bei euch im Unternehmen. Wo weiß ich gar nicht. Vielleicht gibt es auch Unternehmen, wo man einfach die Regeln Regeln sein lässt und man macht es einfach so weiter, wie man es für richtig erachtet. Aber das ist so das bewährte Verfahren, was ich jedenfalls in Universitäten anwende. Ein Kollege von mir hat mal gesagt, ich bin deswegen so gut als Lehrer und als Forscher, weil ich pro Tag 50 Regeln der Organisation breche. Und da kann man sagen, okay, das kannst du als Professor auch sagen, weil du weißt, du bist nicht kündbar und der Präsident oder der Rektor der Universität weiß sehr genau, dass er die Regeleinhaltung dir gegenüber nicht durchsetzen kann. Das ist im Unternehmen vielleicht ein bisschen stärker gestaffelt. Aber jedenfalls ist das eine Variante, wo man aber sagen kann, das ist für das organisationale Lernen vergleichsweise wenig effizient, weil meine mit Kreativität und Innovation ausgestatteten Regelbrüche, die in der Regel in der Organisation nicht ohne weiteres bekannt wird. Das sind meistens isolierte Lösungen, die auch nur erstmal isoliert bleiben. Und das dauert sehr, sehr lange, bis sich sowas in einer Organisation durchsetzt. Also es gibt so bestimmte kleine Projekte des Regelbruchs. Das muss ich nachher irgendwie nochmal rausstreichen für den Livestream, dass nicht meine Universitätsleitung dann nachher am Ende sagt, was hat er da jetzt gerade vor. Aber es gibt so bestimmte Testverfahren, wo ich mir denke, naja, da weiche ich jetzt von der Formalstruktur ab. Mal sehen, wie lange die Organisation braucht, um solche Muster zu kopieren. Ob ich das noch erlebe, bevor ich in 20 Jahren emeritiert werde. Ich glaube eher nicht. Das heißt also, man gewinnt Innovationskraft in den einzelnen Bereichen, aber in der Regel sind die Effekte für die Organisation gering. Und dann gibt es eine andere Variante, die besteht darin, man bricht die Regel und sagt das aber auch verdammt laut. Und das ist der Moment, wo es riskant wird. Weil dann stellt man sich hin und sagt, ja, ich habe die Anweisung, ich überspitze es jetzt, lieber Chef, liebe Chefin, ich habe jetzt die Anweisung verstanden, aber aus den und den Gründen mache ich es jetzt anders. Probiert das mal aus, wenn ihr zurückkommt und schaut, wie die Organisation darauf reagiert. man stellt in dem Moment eigentlich Grundprinzipien der Organisation in Frage, nämlich, dass die Formalstruktur einzuhalten ist und dass man lediglich in der Informalität von der Formalstruktur abweichen darf, aber dann darf man es eben nicht für alle sichtbar machen. Und da würde ich sagen, in dem Moment, wo in einer Organisation das drei, vier oder fünf Mal erfolgreich funktioniert hat und derjenige, der darüber dann auch noch eine Karriere in der Organisation gemacht hat, da würde ich sagen, ja, vielleicht gibt es so was. Ich habe die noch nicht gesehen, also macht mich auf diese Organisation aufmerksam, wo das funktioniert, die würde mich interessieren. Da hinten ist eine. Ich komme. Und? Ich glaube, ich habe ein Beispiel dafür. Und zwar meine ich, in allen Hochleistungsteams sind die Beteiligten in der Lage zu unterscheiden, wann absolute Regelkonformität nötig ist. Das ist in der Regel die Einsatzsituation und wann der Regelbruch notwendig ist. Das ist das instrumentalisierte Lernen. Das sind die ganzen Debriefs. Also, wenn ich als Organisation es hinkriege, beides zu betonen und beides zu instrumentalisieren, dann funktioniert das relativ gut. Also aus dem militärischen oder im sportlichen Bereich, Polizei, Einsatzkräfte, etc. Flugbetrieb, Piloten, die machen das alles so. Das könnte vielleicht ein Ansatz sein. Also du denkst jetzt an Krisenmomente, die für die Organisation, vielleicht behältst du mal das Mikro da, ich muss noch ein bisschen genauer wissen, was du dir da vorstellst, bevor ich darauf sinnvoll antworten kann. Ich meine, die Teamorganisationen an sich, also nehmen wir mal Feuerwehr, das ist das harmlosteste Beispiel. Die Feuerwehr ist ja nicht permanent im Krisenmodus, sondern die wird bereitgehalten für den Krisenmodus und die agieren im Brand- oder Rettungsfall anders, nämlich stark hierarchisch. Der Einsatzleiter macht eine klare Ansage und die wird gefolgt, das wird auch nicht diskutiert. Aber nach dem Einsatz wird ein Debrief durchgeführt und da wird Hacheles geredet und daraus lernt das Team für das nächste Mal. Okay, ja, ja, okay, das ist eine Variante, die man nehmen kann, wo man sagen kann, man hat letztlich ein Debriefing und dann überlegt man sich, wie müssen wir beim nächsten Mal arbeiten und darüber werden dann aber auch die Struktur, die formalen Strukturen geändert. Also das ist ja in der Regel so, dass das kein Regelbruch in der Organisation ist, sondern die Regeln werden jedes Mal kritisch reflektiert, nachdem so ein kritischer Einsatz stattgefunden hat und zum Beispiel was schiefgelaufen ist oder was besonders gut gelaufen ist. Da würde ich sagen, das ist für eine Organisation noch relativ gut verträglich. Die Variante wäre jetzt umgekehrt, die man sich vorstellen könnte. Also es gibt das, das ist ein Kleist-Paradox und zwar eine Geschichte von Kleist, wo er darstellt, ein Militärführer, der die Anweisung bekommt, über eine bestimmte Front, eine bestimmte Seite anzugreifen und der entscheidet sich in dem Moment, wo er eingesetzt wird, das nicht so zu machen, wie es sein König angeordnet hat, sondern er macht es auf seine Art und Weise, gewinnt deswegen die Schlacht. Und dann gibt es in diesem Prinz-von-Homburg-Paradox die interessante Reaktion des Vorgesetzten, dass er sagt, ich belobe dich, lieber Fürst, dafür, dass du so gehandelt hast, wie du gehandelt hast, weil wir haben die Schlacht deswegen gewonnen und gleichzeitig köpfe ich dich, lieber Fürst, weil du meinen Anweisungen widersprochen hast. Und da kann man nur darauf hoffen, dass die Schlacht so entscheidend gewesen ist, dass der König sagt, in dem Moment ist die Regelabweichung für mich in Ordnung gewesen. Aber die meisten Regelabweichungen sind eben nicht so, dass man sagen kann, aufgrund meiner Flexibilität in dieser einen Frage, meiner Regelabweichung in dieser einen Frage, haben wir den und den Marktdurchbruch überhaupt bekommen, weil die Kausalzurechnungen laufen dann immer ganz wild durcheinander. Das heißt, das Risiko, wenn man in den Regelbruch reingeht, ist extrem hoch in einer Organisation. Und in dem Moment, wo man sagt, deswegen sind wir erfolgreich gewesen, weil ich die Regel gebrochen habe, da braucht man gute Beweislasten. Also, ist eine interessante Variante. Ich finde, man müsste es von beiden Seiten ausdenken. Also, ich probiere es vielleicht auch noch mal mit einem Beispiel. In einem Großkonzern kommt ein neuer Vorstand für den Bereich Personal. Das ist angekündigt. Im Vorfeld versuchen dann alle, die irgendwas direkt mit ihm zu tun haben, die irgendwelche Programme haben, irgendwelche Strategien, irgendwelche Beispiele, die sie durchbringen möchten, sich darauf vorzubereiten. Ich habe das Beispiel erfahren dadurch, weil ich eben ein Team speziell unterstützen sollte, da ein paar innovative Ideen mit reinzubringen. Und zum Zeitpunkt, als der neue Vorstand aufgeschlagen ist, standen alle bereit, mit umfangreichen PowerPoint-Präsentationen, die ihm den Nutzen der neuen Lösung, des neuen Ansatzes, des Konzeptes, eigentlich verdeutlichen wollen. Der hat gesagt, das interessiert mich gar nicht. gebe mir mal ein Telefonbuch her, Mitarbeiterliste, ich möchte mal erst mit 20 Mitarbeitern sprechen. und hat die ins Leere laufen lassen. Das war eine Riesenrevolution im Unternehmen. Und ich denke, das ist auch etwas, was tatsächlich von Führungskräften aus eigentlich getrieben werden kann, nämlich zu wissen, ich komme da in eine gewisse Struktur rein, ich werde in blinde Flecken eigentlich reingeführt da drin. Ich muss das durchbrechen. Und ich glaube, gute Führungskräfte haben da intuitiv auch ein Gespür dafür, solche Muster zu durchbrechen. Ja, könnte ich jetzt relativ viel zu sagen. Ich finde das auch eine interessante Variante, weil die große Gefahr eines neuen Chefs, das ist schon in den 60er Jahren gut untersucht worden, ist, dass er eigentlich von seinen Mitarbeitern blind gehalten wird. Der ideale Chef ist derjenige, der das tut, was die Untergebenen von dem Chef wollen. Deswegen ist das natürlich eine sinnvolle Strategie, für einen Vorgesetzten zu sagen, ich lege die PowerPoint-Präsentation zur Seite und schaue stattdessen mir an, was in der Organisation wirklich abläuft, um überhaupt erstmal einen Eindruck davon zu bekommen, was in der Organisation stattfindet. Dann gibt es aber eine interessante Variante, wo man sich überlegt, naja, was bedeutet das jetzt zum Beispiel für bestimmte Entscheidungen, die in den Bereichen getroffen werden. Es gibt auch Informationen völlig in Ordnung, aber wenn es jetzt um Entscheidungen geht, dann könnte natürlich ein Vorgesetzter sagen, so, wir müssen jetzt Bewegung reinbringen in die ganze Sache, wir machen das jetzt in dem Bereich mal so und so, geht quasi über die ganzen Zwischenvorgesetzten hinweg und macht das oder schlägt vor, wie das da eigentlich gemacht werden kann. Das ist dann wiederum extrem sensibel als Eingriff von Vorgesetzten, die Dynamik reinbringen möchten, weil letztlich, es gibt ein paar magische Gesetze in Organisationen, überspringe keine Zwischenvorgesetzten, ist eins davon. also weder von unten nach oben, also wenn man als Mitarbeiter sagt, ach, lieber Direktor, Vorgesetzter, wenn du nicht hören möchtest, dann gehe ich halt einfach eine Ebene höher, mache die nächste Kaffeepause ein bisschen unangenehm und umgekehrt, ein Vorgesetzter, der systematisch über die Zwischenvorgesetzten hinweg geht, um bestimmte Sachen durchzusetzen, hat auch irgendwann die Schwierigkeit, dass der Zwischenvorgesetzte so delegitimiert ist, dass man ihn eigentlich gleich wegstreichen könnte. Deswegen ist das also bei der Informationsgewinnung sicherlich eine interessante Strategie. Bei der Durchsetzung von bestimmten Entscheidungen wird da nicht drumherum kommen, letztlich die PowerPoint-schreibenden mittleren Manager wiederum entsprechend mitzunehmen. Der zweite Punkt, der zweite Punkt ist immer noch die Frage, wenn ein CEO Mitarbeiter im Telefonbuch mal anruft und fragt, was läuft bei euch, was sind eigentlich die ganz wichtigen Fragen, was er dafür Antworten bekommt. Da könnte man sagen, also der große Vorteil von Beratern, die zwischengeschaltet sind, sind, dass die Informationen, die dann aus der Organisation rauskommen, deutlich qualitätsvoller sind, als wenn der Vorstandsvorsitzende direkt rumläuft und die Mitarbeiter fragt, was sie denken. Okay. Gibt es noch etwas aus dem Chat, Karl Hans? Okay, dann machen wir das rund. Herzlichen Dank, Stefan, für den interessanten Vortrag. ich glaube, der hat uns alle viel angeregt, angeregt zum Nachdenken und wir werden sicher, und hoffentlich morgen vielleicht nochmal in Barcamp-Sessions das ein oder andere Thema vertiefen, weil wie man sowas macht, wie man diese blinden Flecken vermeidet, ich glaube, da denken wir uns alle drüber nach heute Abend und vielleicht haben wir morgen eine Lösung. Ich verabschiede jetzt erstmal die Teilnehmer aus dem Livestream. Für die Teilnehmer aus dem Livestream geht es morgen um 9 Uhr weiter mit, was wissen wir nach 20 Jahren Personalmanagement aus der Perspektive der Personalführung von Peter Pawlowski. Schönen Abend und wir machen hier jetzt noch eine Abschlussrunde und dafür darf ich an den Karl-Heinz übergeben. Und dir nochmal, Herr Rechel, Vielen Dank. Applaus Applaus Applaus