Kommunikation im Change-Management
Kommunikation im Change-Management
Why - Warum ist Kommunikation wichtig im Change-Management?
Kommunikationsmaßnahmen für verschiedene Stakeholder Gruppen (siehe auch Kapitel 3.3) bezwecken, dass die Mitarbeitenden die Veränderungen verstehen, akzeptieren, konstruktiv und im besten Fall motiviert daran teilhaben können.
Kommunikation ist also weit mehr als Information: Change Kommunikation zielt darauf ab, die richtige Botschaft zur richtigen Zeit an die richtigen Personen zu übermitteln (WAS, WANN, FÜR WEN). Es handelt sich um die systematische Planung, Durchführung, Überwachung und Überprüfung aller Kommunikationsaktivitäten innerhalb eines digitalen Transformationsprojekts gegenüber den Projektbeteiligten. Soweit die gängige Praxis. Jedoch sollten wir uns nicht nur auf eine Übermittlung nach dem Sender-Empfänger Prinzip beschränken. Denn:
- gesagt ist nicht gehört
- gehört ist nicht verstanden
- verstanden ist nicht gekonnt
- gekonnt ist nicht angewandt
Das heißt, dass das alleinige Senden nicht reicht, z.B. via E-Mail. Wir sollten die verschiedenen Ebenen und Ziele berücksichtigen
Vision & Zielsetzung
Visionen und Zielsetzungen sind zentral beim Change-Management. Sie bieten Orientierung und motivieren die Beteiligten. Eine Vision ist das große, inspirierende Ziel, beispielsweise "Marktführerschaft in der digitalen Innovation". Dies ist auch zentral für die Kommunikation.
Zielsetzungen sind konkrete, messbare Schritte zur Erreichung der Vision, wie "Einführung einer neuen Software bis Quartal 4". Sie sind entscheidend, um den Fortschritt zu messen und die Mitarbeiter auf dem Weg zur Veränderung zu führen. Ohne klare Vision und Ziele kann der Veränderungsprozess unkoordiniert und ineffektiv werden.
Gerade zu Beginn kann das noch allgemein gehalten sein. Wichtig ist, dass das Management und die relevanten Stakeholder sich darauf einigen. Es hilft auch der Link zur allgemeinen Strategie der Firma dabei, sowie ein motivierendes, emotional ansprechendes Motto. Beispielsweise ist die Strategie von Hugo Boss die führende digitale Modeplattform im Premium-Bereich zu sein. Das Motto der SAP S/4HANA Einführung ist dafür sprechend"ItS4HugoBoss". Optimal ist eine Change Story den Bezug zum Erleben in der Gegenwart und der erwünschten Zukunft darstellt.
What – Kommunikationsplan
Ein Kommunikationsplan beinhaltet eine strukturierte Strategie für die Kommunikation von Veränderungen an die Stakeholder. Er definiert Ziele, Zielgruppen, Botschaften, Kommunikationskanäle und den Zeitplan für die Übermittlung dieser Informationen. Ein effektiver Plan berücksichtigt auch Feedback-Mechanismen, um sicherzustellen, dass die Kommunikation wirksam ist und auf Bedenken oder Fragen angemessen reagiert wird.
Der Kommunikationsplan ist somit ein entscheidendes Instrument, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten während eines Wandels gut informiert sind und sich in den Prozess eingebunden fühlen.
Abbildung 1 zeigt, wie ein beispielhafter Kommunikationsplan in einem Change-Projekt aussehen könnte.
Activity | Stakeholder group | Message | Objectives | Channel / delivery method | Date / time | Frequency | Creator | To be commu-nicated by |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
In der Literatur finden sich weitere, ähnliche Beispiele für Kommunikationspläne:
Stakeholder | Kommunikations-bedarf | Ziele der Kommunikation |
Medien | Zeitpunkte | |
---|---|---|---|---|---|
Bedenken | Fragen | ||||
Alle Mitarbeitenden |
Jobsicherheit, Mehrarbeit | Auswirkungen des Change auf die Arbeit? | Mitarbeitende über den Stand und Ziele informieren | Monatlich | |
Produktion | Jobsicherheit | Werden die Jobs outgesourct? | Klare Ausrichtung über Jobsicherheit geben | Informations-veranstaltung | Zu Beginn des Projektes |
Einkauf | Änderung der bekannten Prozesse |
Was ändert sich am bisherigen Stand? | Mitarbeitende auf Veränderungen vorbereiten |
Intranet | Bei Projektmeilen-steinen |
Abbildung 2: Kommunikationsplan nach Stolzenberg & Heberle
How – Erstellung der Kommunikationspläne
Es gibt verschiedene Wege, um einen Kommunikationsplan zu gestalten. Insbesondere Interviews oder Workshops können für die Erstellung des Plans sehr hilfreich sein, da die direkt betroffenen Personen aktiv in die Planung eingebunden werden. Individuellen Bedürfnisse und genaue Anforderungen bezüglich der zu vermittelnden Informationen können erfasst und im Kommunikationsplan gebündelt werden. Analysen am Beginn des Projekts – zum Beispiel die Readiness Analysen bieten hilfreiche Impulse für den Kommunikationsplan.
Abhängig von der Größe des Veränderungsprojekts ist es möglicherweise nicht machbar, alle Beteiligten zu befragen oder in den Workshop einzubeziehen. Daher ist es entscheidend, dass die Teilnehmer die Vielfalt der Stakeholder bestmöglich repräsentieren.
Kommunikationspläne können auch je nach Change-Management-Modell, welches verwendet wird, unterschiedlich sein. Jedes Modell hat seine eigene Herangehensweise an Veränderungen und setzt den Fokus auf verschiedene Aspekte des Wandels, zum Beispiel wie Informationen präsentiert werden, welche Botschaften betont werden und wie die Mitarbeitenden während des Wandels unterstützt werden.
Das Ziel bleibt, die Akzeptanz, das Verständnis und Wünsche (Desire) für die Veränderungen zu fördern bzw. die verschiedenen Ebenen abzubilden. Schön zeigt dies auch das ADKAR Modell (s. Kapitel 3.1.2) wo u.a. zwischen Awareness, Desire, Wissen und Fertigkeit unterschieden wird. Hier gilt es pro Ebene unterschiedlich zu kommunizieren.
Konkret kann ein Kommunikationsplan entlang folgender Schritte erstellt werden:
- Definiere die Ziele der Kommunikation.
- Bestimme, wer die Hauptzielgruppen sind – IT-Teams, Abteilungsleiter, Endnutzer usw. Jede Gruppe hat unterschiedliche Informationsbedürfnisse.
- Entscheide, welche Kommunikationsmittel am effektivsten sind: E-Mails, Meetings, Newsletter, Intranet, Chats, Präsentationen, Workshops, Videomeetings usw. Nutze mehrere Kanäle für verschiedene Botschaften (mehr dazu in Kapitel Kommunikationsformate und -materialien).
- Erstelle eine Liste mit den Informationen, die kommuniziert werden müssen. Das kann den Projektfortschritt, Meilensteine, Zeitpläne, Risiken und Änderungen beinhalten.
- Entwickle einen Zeitplan, der angibt, wann und wie oft du mit den verschiedenen Zielgruppen kommunizieren wirst. Berücksichtige auch dringende oder regelmäßige Updates.
- Weise Verantwortlichkeiten für die Kommunikation klar zu. Wer wird welche Nachrichten verfassen, genehmigen, senden und überwachen?
- Richte Möglichkeiten ein, Feedback von den Mitarbeitenden zu erhalten. Das kann durch Umfragen, offene Diskussionen oder Feedback-Sessions erfolgen.
- Überprüfe und bewerte regelmäßig, wie effektiv die Kommunikation verläuft. Passe den Kommunikationsplan bei Bedarf an, um sicherzustellen, dass er den Anforderungen entspricht.
Ein effektiver Kommunikationsplan ist flexibel und passt sich den sich ändernden Anforderungen des Projekts an. Es ist auch wichtig, dass die Kommunikation klar, präzise und zugänglich ist, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeitenden die Informationen verstehen und darauf reagieren können.
Kommunikationsformate und Materialien
Es empfiehlt sich, verschiedene Kommunikationsformate zu nutzen.
Synchrone & asynchrone Formate
Kommunikation kann synchron (alle Kommunikationspartner kommunizieren zur selben Zeit miteinander) und asynchron (die Kommunikation findet zeitversetzt statt) stattfinden. Beide Kommunikationsformen haben Vor- und Nachteile. Im Kommunikationsplan wird entsprechend der Zielsetzung und der Zielgruppe der jeweils passende Kommunikationskanal und das passende Format festgelegt.
Beispiele für synchrone Formate
- Town-Hall-Meetings oder All-Hands-Meetings: Diese Meetings ermöglichen es Führungskräften, die Vision und Ziele des Wandels zu kommunizieren, Fragen zu beantworten und im direkten Kontakt mit den Mitarbeitenden, Fragen zu beantworten. Das kann auch virtuell stattfinden.
- Change-Workshops oder Schulungen: Durch interaktive Workshops oder Schulungen können Mitarbeitende in den Change Prozess eingebunden werden. Sie erhalten die Möglichkeit, das Verständnis für den Wandel zu vertiefen, Fähigkeiten zu entwickeln und ihre Bedenken zu äußern.
- Regelmäßige Projekt-Meetings: Kurze, regelmäßige Besprechungen oder Team-Meetings vor Ort, um Informationen zum Wandel zu teilen, Fragen zu beantworten und direktes Feedback von den Mitarbeitenden zu erhalten.
- Einbeziehung von Teamleitern und direkten Vorgesetzten: Die Einbeziehung von Teamleitern und direkten Vorgesetzten ist entscheidend, da sie oft die wichtigsten Ansprechpartner für Mitarbeitende sind. Schulen Sie sie gezielt, damit sie die Botschaft des Wandels unterstützen und ihre Teams effektiv informieren können (siehe auch unter Kapitel Projektrollen / Führungskräfte).
- Kommunikation durch Führungskräfte: Regelmäßige Kommunikation und offene Gespräche seitens der Führungskräfte, sei es durch persönliche Gespräche, bestehende Meetings, Newsletter oder E-Mails, um die Unterstützung für den Wandel zu demonstrieren und den Mitarbeitenden Orientierung zu bieten (siehe auch unter Kapitel Projektrollen / Führungskräfte).
Beispiele für asynchrone Formate
- Visuelle Präsentationen, Poster und Infografiken können komplexe Informationen auf eine visuell ansprechende Weise darstellen. Sie sind hilfreich, um den Mitarbeitenden optisch zu vermitteln, warum der Wandel stattfindet und welche Auswirkungen er haben wird. Dies kann auch Betroffene erreichen, die beispielsweise nicht digital arbeiten z.B. in der Produktion.
- Change-Management-Plattformen und Intranet: Das Bereitstellen einer dedizierten Plattform oder eines Teils des Intranets für Change-Management kann den Mitarbeitenden kontinuierliche Updates, Ressourcen, FAQs, Diskussionsforen und Erfolgsgeschichten bieten.
- Mitarbeitende-Feedback: Einfache und zugängliche Feedback-Mechanismen wie Feedback-Boxen oder digitale Plattformen, auf denen Mitarbeitende ihre Gedanken, Bedenken oder Ideen äußern können.
- Das Einrichten von Feedback-Tools wie Umfragen, offenen Diskussionsforen oder regelmäßigen Feedback-Sitzungen ermöglicht es den Mitarbeitenden, ihre Gedanken, Bedenken und Ideen zu äußern. Dem Change Team hilft es, die Inhalte anzupassen.
Diese verschiedenen Kommunikationsformate ergänzen sich oft gegenseitig und helfen dabei, umfassend zu kommunizieren, Verständnis zu schaffen, Widerstand zu minimieren und eine positive Einstellung gegenüber dem Wandel zu fördern.
Die Bedeutung von Storytelling
Storytelling spielt in Change-Projekten eine entscheidende Rolle, da es eine kraftvolle Möglichkeit bietet, Menschen auf emotionaler Ebene zu erreichen, ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen und sie für den Wandel zu gewinnen:
- Emotionale Verbindung: Wenn Mitarbeitende sich mit einer Geschichte identifizieren können, wird der Wandel persönlicher und bedeutungsvoller für sie.
- Veranschaulichung von Veränderungen: Eine gut erzählte Geschichte kann komplexe Veränderungen und ihre Auswirkungen auf eine leicht verständliche Weise vermitteln. Sie kann abstrakte Konzepte greifbar und nachvollziehbar machen.
- Motivation und Inspiration: Geschichten zeigen, dass Veränderungen möglich sind und Erfolg bringen können.
- Kulturelle Ausrichtung: Vermittlung der Unternehmenskultur und Werte, sowie wie die neuen Werte im Kontext des Wandels gelebt werden können.
- Erinnerbarkeit und Weitergabe: Menschen erinnern sich besser an Geschichten als an Fakten. Eine gut erzählte Geschichte kann weitererzählt werden und sich so verbreiten, was die Botschaft des Wandels verstärkt.
Beim Erzählen von Geschichten in Change-Projekten ist es wichtig, auf einige Schlüsselfaktoren zu achten:
- Relevanz und Authentizität
- Klare Botschaft und Zielsetzung - warum ist der Wandel wichtig ist und welche Vorteile bringt er.
- Einbeziehung der Zuhörer incl. der Ermutigung, sich in die Geschichte hineinzuversetzen oder sich mit Charakteren zu identifizieren.
- Struktur und Spannung von Anfang, Höhepunkt bis Ende, die Spannung erzeugt und die Aufmerksamkeit der Zuhörer aufrechterhält, ist wirkungsvoller.
Wenn Geschichten richtig eingesetzt werden, können sie die Akzeptanz und Unterstützung für den Wandel wesentlich verbessern. Wichtig ist dabei auch das sog. Storylistening. Sprich durch Zuhören das aktive Erleben bzgl. Gegenwart und Zukunft zu verstehen um daraus.
Tipps und Best Practices für die Kommunikation in Projekten
- Kontinuierliche Kommunikation: Wiederholen wichtiger Informationen und des Fortschritts. Rituale helfen dabei wie monatliche AMA (Ask me anything) Sessions oder monatliche Newsletter.
- Vielfalt der Kanäle: Damit werden unterschiedliche Präferenzen angesprochen.
- Einbeziehung von Meinungen und Feedback: Das ist ein zentrales Element – ob in Diskussionsforen oder offenen Sprechstunden.
- Anpassung an Zielgruppen: Führungskräfte, Frontline-Mitarbeiter und verschiedene Abteilungen haben unterschiedliche Perspektiven und Bedürfnisse.
- Messbare Ziele und Fortschritt anzeigen: Visualisieren von Erfolgen und Meilensteine, um das Engagement und die Motivation aufrechtzuerhalten.
- Verschiedene Perspektiven herausarbeiten (auch für Endnutzer*innen): IT-Lösungen werden oft vom Management eingekauft. Der Mehrwert und die Änderungen für Mitarbeitende und Nutzer*innen ist oft nicht klar - dies gilt es, z.B. anhand Personas, herauszuarbeiten. In sogenannten Change Impact Messungen kann dann eingeschätzt werden, wie stark die Änderungen für die jeweilige Persona oder Rolle sind. Gerade bei hohem Change Impact ist es wichtig ausreichend bzw. mehr zu kommunizieren.
- Timing: Zu früh zu viel zu kommunizieren weckt evtl. Erwartungen, die noch nicht bedient werden können. Zu spät oder zu wenig zu kommunizieren ist u.U. ebenso suboptimal. Daher ist es wichtig, den Detailgrad zeitlich entsprechend zu kommunizieren und dabei transparent zu sein. Das bedeutet, klar zu kommunizieren, welche Schritte noch unklar sind und wie das Fortschreiten kommuniziert wird.**
- Nutzen von Multiplikatoren und bestehenden Kanälen: Eigene Change Netzwerke oder bestehende Netzwerke wie Assistent*innen, Azubis, Führungskräfte-Meetings können zur Kommunikation genutzt werden.
Weitere Ressourcen:
- Nice to know: Kommunikation in SAP Change Management Projekten - Kaffee-Ecken Recap