Lernen & Weiterbildung im Change-Management
Lernen & Weiterbildung im Change-Management – von Lernbedarfsanalyse & Lernformaten bis zum regelmäßigen Lernen
Die Bedeutung von Lernen im Change-Management
Neben Wollen, Sollen und Dürfen ist das Können elementar im Rahmen von Veränderungen. Denn natürlich müssen die Betroffenen neue Prozesse, Aufgaben und letztendlich Software und IT verstehen und anwenden können.
Üblicherweise wird im Trainingsbereich zwischen verschiedenen Zielgruppen bzw. Personas unterschieden. Das sind gewöhnlich Experten, die ein IT-System einführen und als erste mehr Details benötigen. Nutzer bedienen die Systeme oder Software, Manager und andere Stakeholder benötigen eher Überblickswissen bzgl. der Ziele, Vorteile oder des Impacts.
Im Sinne der erfolgreichen Kompetenzentwicklung gilt es, allen vom Wandel Betroffenen Lernressourcen und Räume zur Verfügung zu stellen – also nicht nur von Training zu sprechen im Sinne des Trainer-Schüler Narrativs.
Durchführung von Trainingsprojekten
Bei der Durchführung einer Trainingsbedarfsanalyse für IT-Projekte können verschiedene Vorgehensmodelle verwendet werden, die den Prozess strukturieren und optimieren. Ein häufig genutztes Vorgehensmodell ist immer noch das ADDIE-Modell, das auch als allgemeines Modell für Trainingsmanagement genutzt wird:
Analyse: Die Durchführung einer Trainingsbedarfsanalyse für IT-Projekte ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass das Team über die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt, um das Projekt erfolgreich umzusetzen. Eine gründliche Analyse hilft, die Lücken im Wissen und den Schulungsbedarf der Teammitglieder zu identifizieren, um gezielte Maßnahmen zur Kompetenzentwicklung ergreifen zu können. In dieser Phase werden die Projektziele und Anforderungen definiert. Es werden Interviews oder Befragungen mit Stakeholdern geführt, um den aktuellen Kenntnisstand der verschiedenen Personas zu bewerten und die erforderlichen Kompetenzen zu ermitteln. Ist- und Soll-Einschätzung können natürlich auch per Umfrage und Selbsteinschätzung durchgeführt werden. Gewöhnlich wird das auf der Ebene der Job-Rolle gemacht.
Design: Auf Basis der Analyseergebnisse wird ein Schulungsplan entwickelt. Dieser umfasst die Auswahl der geeigneten Schulungsziele, -methoden, -inhalte und -ressourcen. Es wird ebenfalls festgelegt, wie die Schulungsmaßnahmen und Ziele evaluiert werden sollen.
Entwicklung (Development): In dieser Phase werden die Schulungsmaterialien oder Lernressourcen erstellt oder angepasst. Das können interne Schulungsunterlagen, externe Schulungsressourcen oder Online-Lerninhalte sein. Es wird auch der Zeitplan erstellt.
Implementierung: Die Schulungsmaßnahmen werden gemäß des Schulungsplans umgesetzt. Das kann beispielsweise durch interne Schulungen, externe Schulungsanbieter oder Online-Lernplattformen erfolgen.
Evaluation: Nach Abschluss der Schulungsmaßnahmen wird ihre Effektivität bewertet. Das kann durch Tests, Feedback der Teilnehmer oder Leistungsbeobachtungen erfolgen. Die Ergebnisse der Evaluation fließen in die zukünftige Planung von Schulungsmaßnahmen ein. Kennzahlen wie geschätzter Transfer in den Arbeitsalltag, Lernstunden, Zufriedenheit, Wissen durch Tests, Outputs & Impact durch Schätzungen oder Messungen sind die gängigsten Ansätze dabei. Mehr Infos zu Evaluation sind hier im Artikel zu finden.
Tipps:
- Denkt bei der Trainingsbedarfsanalyse nicht nur an Anwender und Experten, sondern an alle Stakeholder, wie z.B. Manager. Denn Lernen und Training sind ein starkes Element der Einbindung und Motivation.
- Bei der Soll-Einschätzung: Fokus auf wirkliche geforderte Performance – nicht auf Top-Talents oder extreme Experten – das ist meist zu viel und komplex.
- Ob bei Design oder Evaluation: achtet auf den Transfer in den Arbeitsalltag.
Formate & Konzept incl. Train the Trainer Ansatz (TTT)
Klassisch sind hier sicher Workshops & Trainings in Präsenz oder virtuell. Inzwischen hat sich ein Methoden Mix durchgesetzt – auch Blended Learning genannt. Hier wechseln sich Lernphasen des individuellen selbstgesteuerten Lernens – wie z.B. E-Learning oder Videos – mit Trainer-geführtem Lernen in Gruppen incl. Fragen & Anleitungen sowie Austausch & Reflexion ab. Kurze Einstufungstests zu Beginn helfen zur Personalisierung des Lernens. Während des Lernens und am Ende dienen Tests und Fragen der Reflektion und Festigung des Lernens.
Neben formellen Angeboten wie E-Learning macht im Change vor allem erfahrungsbasiertes, experimentelles Lernen Sinn – zum Beispiel Barcamps oder Hackathons.
Lernen von und mit anderen wird in Communities of Practice, Online-Coaching oder Lerngruppen und Zirkeln angewandt.
Gerade im IT-Bereich bietet sich Lernen im Arbeitsprozess und bei Bedarf an, damit weniger vergessen und das Gelernte besser angewandt wird. Dies lässt sich über Dokumentation in der IT-Applikation, digitale Assistenten und Chatbots bei fachlichen Themen oder virtuelles Mentoring und Coaching bei Verhaltensthemen umsetzen. Dieser Ansatz wird auch Workplace Learning genannt.
Updates und kontinuierliches Lernen sollte zu Beginn eingeplant werden. Im Workplace Learning werden die klassischen Lerninhalte immer kürzer. Communities und kurze Formate wie regelmäßige Fragerunden und Videos, am besten in einem Mix aus Pull und Push, sind hier hilfreich. Push kann durch Newsletter, Mails oder Alerts im System geschehen – für Pull benötigt es vor allem eine gute Suche und kuratierte Lernportale (oft wird Sharepoint benutzt).
Ein Klassiker im IT-Kontext sind Train the Trainer Ansätze (TTT). Oft sind Experten aus Beratungen, vom Hersteller oder der Inhouse-IT die sog. Head-Trainer, welche die Multiplikatoren ausbilden. Diese sind oft die Keyuser, die später auch die IT-Lösungen supporten. Dieses Multiplikatoren-System vereinfacht die Skalierung der Vermittlung der Lerninhalte und des Transfers.
Unabhängig vom Format ist es wichtig, sicher zu stellen, dass die jeweiligen Zielgruppen zum richtigen Zeitpunkt das benötigte Wissen und notwendigen Kompetenzen haben. Zu früh ist dabei genauso suboptimal wie zu spät.
Zwei Modelle zur Methodenauswahl
Es gibt nicht die beste Methode. Methoden und Medien sollten immer abhängig von den Lernzielen & Zielgruppen gewählt werden. Die folgenden Modelle können dabei helfen:
5 Moments of Need
Nach Mosher & Gottfiedson, weitere Infos hier.
- Neues Wissen aneignen
- Wissen vertiefen
- Wissen anwenden
- Probleme bei der Anwendung lösen
- Auf Veränderungen reagieren können
Zu Beginn macht eher formelles Lernen Sinn wie unter Formaten & Konzept beschrieben, danach immer mehr informelles Lernen in kleinen Einheiten, nah am Arbeitsprozess.
70:20:10 Modell
Die Grundlage des Modells waren Umfragen bei Führungskräften zur Frage, wie sie ihre Kompetenzen erworben haben. Es ist ein hilfreiches Modell da es die Relevanz verschiedener Lernformate zeit, auch wenn die Prozentzahlen, je nach Faktoren wie z. B. Skill Level, variieren.
- 70% steht für Erfahrung und Praxis. Das bedeutet, dass die Kompetenzentwicklung durch direkte Anwendung von Fähigkeiten am Arbeitsplatz oder in realen Situationen erfolgt. Dabei wird der Schwerpunkt auf das Lernen durch Handeln, Experimentieren und Reflexion gesetzt.
- 20% steht für Lernen durch soziale Interaktion. Dies beinhaltet den Austausch von Wissen und Erfahrungen mit anderen Menschen, sei es durch Mentoring, Coaching, Zusammenarbeit, Diskussionen in Communities oder informelles Lernen im Team. Durch den Dialog und die Zusammenarbeit mit anderen können neue Perspektiven gewonnen und Lernprozesse vertieft werden.
- 10% steht für formale Bildung. Dies umfasst strukturierte Lernaktivitäten wie formelle Schulungen, Kurse oder Workshops. Obwohl dieser Anteil am geringsten ist, kann er wertvolle Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, insbesondere wenn es um theoretisches Hintergrundwissen oder komplexe Konzepte geht. Ist man neu in einem Thema, macht sogar mehr formelles Lernen Sinn.
Wie immer macht es der Mix – das Modell zeigt auf, dass nicht nur kognitives formelles Lernen wichtig ist.
Quellen und weitere Informationen
- Austausch zu Lernen im Unternehmen: Corporate Learning Community
- Für allgemeine Kompetenz-Bewertungen sind z.B. das digitale Rahmenmodell der EU DigiComp sowie die europäische Skill & Job Datenbank ESCO als Anker interessant.
- Learning Design Canvas
- How modern learners learn – learn more about the 4 D´s outlined by Jane Hart: https://www.modernworkplacelearning.com/cild/mwl/5features-of-ow-modern-professionals-learn/