Community aktivieren und führen
Community aktivieren und führen
Mitglieder gewinnen - die Community bekannt machen
Über eure Arbeit für das Community-Konzept solltet ihr bereits eine Vorstellung davon haben, wen ihr mit eurer Community erreichen möchtet und wem sie Nutzen stiften soll. Das kann je nach Ausrichtung sehr unterschiedlich aussehen. Eine Fachcommunity, in der hochspezialisierte Kolleginnen gemeinsam an neuen Produktideen arbeiten möchten, hat einen anderen Anspruch an Breitenwirksamkeit als eine Community für fachübergreifende Graswurzelinnovationen. Manche Communities möchten vielleicht eine Art “safe space” für ihre Mitglieder sein und erreichen bewusst nur ganz ausgewählte Leute, andere, z.B. Learning out Loud Communities, werden eher durch unternehmensweite Aufmerksamkeit und fachliche Vielfalt lebendig. Vermutlich hat die Welt nicht darauf gewartet, dass ihr eine Community eröffnet. Denkt bei der Einladung neuer Mitglieder darüber nach, was sie bei euch erwarten können und welche Erwartungen an sie gestellt werden und strickt eure Einladungen so, dass sie Interesse und Neugier wecken und Menschen davon überzeugen, hierfür Zeit zu investieren.
In manchen Unternehmen werden Communities als so strategisch wertvoll angesehen, dass Teilnahme generell ermöglicht wird und über Onboarding Prozesse im Unternehmen die Möglichkeit besteht, Communities direkt zu kommunizieren und zur Teilnahme einzuladen. Andere wiederum wachsen durch öffentliche Aufmerksamkeit, z.B. eine kontroverse Gesprächsreihe, eine unternehmensweite Veranstaltungsserie und Ähnliches.
Mitglieder-Gewinnung ist kein einmaliger Prozess sondern begleitet die Community durch ihren gesamten Lebenszyklus. Menschen verlassen das Unternehmen, neue kommen hinzu, Kolleginnen wechseln Jobs - und Schwerpunkte in der Community können sich verlagern. Sorgt dafür, dass die, die potenziell Interesse haben könnten, auch von eurer Community erfahren können, z.B. durch sichtbare Verortung auf eurer Community Plattform, durch Veranstaltungen, Onboarding u.ä. Die einfachste und zugleich wichtigste Maßnahme, um seine Community bekannt zu machen, besteht darin, die Online-Community offen zu lassen und den Zutritt nicht zu beschränken. Ist die Community offen, so können Interessenten sie in der Liste aller Communities sehen. Ihr Inhalte bleiben dann (plattformabhängig, aber in der Regel) über die Community hinweg teilbar und erscheinen so auch in den Newsfeeds Community-fremder Nutzerinnen. Diese Offenheit sollte euch natürlich nicht daran hindern, aktiv auf relevante Personengruppen zuzugehen. Verschafft euch immer auch eine Vorstellung davon, wen ihr wo und mit welchen Mitteln im Unternehmen am besten erreichen könnt.
Auch möglich: Führungskräfte als Unterstützerinnen der Community zu positionieren. Das kann eine positive Signalwirkung auf Interessenten haben (“ich darf hier Zeit investieren!”) und zur Reichweite beitragen, indem Führungskräfte helfen, die Community zu bewerben. In manchen Fällen ist aber auch das genau der falsche Weg. Etwa dort, wo besonders der informelle Austausch jenseits von Unternehmensvorgaben geschätzt wird. Hier kann die Unterstützung “von oben” genau das falsche Signal setzen. Ihr werdet am besten wissen, welche Kommunikationsstrategie in eurem Setting am vielversprechendsten scheint: Vielleicht Beiträge in der Mitarbeiterzeitschrift, News über Erfolgsgeschichten aus der Community oder gelöste Probleme, Verteilen eines Community Steckbriefs, Verankerung in Unternehmensprozessen, Preisverleihungen, Innovationsfonds, offene Stammtische und so fort. Es gibt viele Wege und manche führen zum Ziel.
Gastgeberin sein - den Raum gestalten
Menschen sollen sich in eurer Community-Umgebung wohlfühlen, produktiv, kreativ sein, sich gegenseitig unterstützen, sich öffnen, an Gesprächen teilnehmen etc. Was könnt ihr als Gastgeberinnen tun, damit das möglichst gut gelingt? Auch hier kann euch die Party-Metapher helfen. Sorgt dafür, dass niemand allein in der Ecke steht, dass Leute sich auf die Tanzfläche trauen, Gespräche unter Unbekannten stattfinden können. Wenn ihr die gemeinsame Arbeit an Produkten oder Artefakten fördern wollt, dann braucht das besondere Aufmerksamkeit und einen guten Rahmen. Ein paar Faustregeln können hier hilfreich sein:
Einfache Regeln: Zu viele Regeln behindern Kommunikation eher, als dass sie sie fördern. Statt ausgefeilte Kommunikationsregeln aufzustellen - baut lieber auf Faustregeln und grobe Prinzipien, die eine Richtung aufzeigen.
Entstehendes aufgreifen und einbeziehen: Beobachtet, welche Gewohnheiten (desire lines) sich herauskristallisieren und baut darauf auf. Nutzen Mitglieder Kommunikationskanäle anders als ursprünglich gedacht? Dann passt die Kommunikation an das Verhalten der Nutzerinnen an. Tun sich Themen auf, an die ihr nicht gedacht hattet, die aber auf großes Interesse stoßen? Überlegt, ob ihr ihnen Raum geben könnt, anstatt sie auszuklammern, und die Community dadurch weiterentwickelt.
Offene Strukturen: Versucht, eure Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sie Kreativität und Weiterentwicklung fördern. (z.B. statt viele Kanäle für bestimmte Themenforen anzulegen, offen starten und schauen, welche Themen sich entwickeln. Statt eine Vielzahl an Formaten vorzugeben, schaut, welche auf Interesse stoßen und diese mit der Community gemeinsam entwickeln etc.)
Verlässlichkeit. Eine Grundregel wirkt oft Wunder: Keine Frage in der Community bleibt unbeantwortet, aber die wenigsten müssen von der Community Managerin beantwortet werden. Wenn ihr merkt, dass jemand Rat sucht, versucht, ein paar andere, euch bekannte Expertinnen anzustupsen und anzuregen, ihre Ideen zu teilen, statt direkt zu antworten. So stärkt ihr das Beziehungsgeflecht, das euch langfristig tragen wird.
Drückt Wertschätzung gegenüber den Ideen und Fragen der anderen aus
- sei es durch Likes, Highlighting von Posts, Einladung zum Weiterdenken an Andere, aufgreifen von Fragen mit anderen Stellen etc. So gelingt es, eine Vertrauensbasis für Austausch, Fragen, Lernen, Fehler machen und Ideenentwicklung zu schaffen.
“Radikale Einfachheit” in der Nutzung - ein schönes Grundprinzip der Gestaltung eures Raums. Versetzt euch immer wieder in eure Community-Mitglieder hinein und macht es ihnen so einfach wie möglich, Posts zu erstellen, andere zu erreichen, relevantes Wissen zu erfassen, Grundregeln zu verstehen, Dokumente abzulegen etc. Technische Hilfestellungen und Trouble-Shooting bieten sich an. Plattform-Software ändert sich oft schnell und es sind nicht immer alle komplett vertraut mit den Funktionen. Helft ihnen, sich schnell und einfach zurechtzufinden und bietet technische Unterstützung an.
Formate und Aktivitäten - Tipps und Ideen
Wir haben hier eine Sammlung verschiedener Ideen aus der Community-Arbeit in unterschiedlichsten Unternehmen und Organisationen zusammengetragen. Sie sollen der Anregung und Inspiration dienen. Gutes Community Management entsteht oft durch trial-and-error. Ihr probiert ein paar Formate aus, teasert Ideen an und schaut ob sie verfangen. Die beliebtesten Format-Ideen kommen vielleicht auch aus der Community selbst - hier braucht ihr ein offenes Ohr.
Begrüßung von neuen Mitgliedern: Holt neue Mitglieder regelmäßig ab. Entweder durch Posts, vielleicht sogar einen Match-Making Kanal, bei starkem Zulauf sind auch Onboarding Sessions eine gute Idee. Richtet eine kleine Welcome Page ein, die die wesentlichsten Infos zur Community enthält (worum geht’s, wer kümmert sich, Netikette, wie funktioniert die Community, funktionale oder technische Hilfestellungen etc.) Begrüßt Leute zusätzlich auf ihrem persönlichen Profil, teilt den Link zur Willkommensseite und stellt so den Kontakt her.
Blogbeiträge: Teilt eure Gedanken oder sorgt dafür, dass Community-Mitglieder Fachartikel verfassen und teilen. Diese bieten eine Chance, wenn ihr sie nicht als abgeschlossene Statements stehen lasst, ladet stattdessen über Fragen zum mit- und weiterdenken ein.
Blogparade: Ein Blog-Beitrag gibt den Startschuss und die Einladung an alle Community-Mitglieder aus, einen eigenen Blog-Beitrag zu einem bestimmten Thema zu schreiben. Der Reiz liegt in der Vielfalt der Perspektiven. Empfehlenswert ist ein Thema, das aktuell vielen Menschen aus der Community unter den Nägeln brennt.
Call to Action: Schliesst Beiträge mit einer Aufforderung zur gewünschten Reaktion ab: zum Beispiel: Liken, Frage beantworten, persönliche Meinung etc.
Debriefing: Besonders in Fachcommunities, die einem bestimmten Wissensfeld und Innovation dienen, kann die Community der zentrale Ort sein, an dem fachliches Debriefing von Personen oder Projekten stattfindet. Welche Learnings wurden über ein Projekt erreicht, von denen andere profitieren können? Welches Wissen von Mitarbeiterinnen sollte auch nach deren Weggang noch verfügbar bleiben? Ihr könnt euch darüber als “Wissenshub” zu einem bestimmten Thema etablieren und über Wikis, Wissenslandkarten, Good Practice Kanäle dafür sorgen, dass Themen weiterentwickelt werden und Wissen verfügbar ist.
Diskussionen begleiten: Moderation von Gesprächen hat viele Gesichter: Anregen, highlighten, Zusammenfassen, erklärend eingreifen, Entgleisungen ansprechen und zum Thema zurückführen, neue Perspektiven eröffnen, Diskussionen mit anderen teilen, Menschen einbeziehen und vernetzen, neue Impulse hinzuholen, Themen beenden.
Expert Talks: Ladet Expertinnen aus der Community, aus dem Unternehmen oder von außerhalb für Fachgespräche ein. Auch das kann ein regelmäßiges Format sein. Wenn ihr spannende Fachleute von außerhalb des Unternehmens gewinnen könnt, streut die Einladung breiter als eure Community. So könnt ihr Interesse und neue Mitglieder gewinnen. Was oft gut ankommt: weniger Präsentation, mehr Fragen. Interviewformate bringen Experten menschlich näher, und Raum für Fragen aus der Community ist das wichtigste überhaupt. Auch ein Expertenteam zu einem bestimmten Thema kann eingeladen werden.
Fragen - Fragen - Fragen über Fragen: Gute Fragen sind eine echte Ressource im Community-Management. Wenn ihr Artikel und Blog Posts mit direkten Fragen abschließt, eröffnet ihr einen Austausch. Statt nur eine Meinung zu teilen, nutzt kontroverse Fragen, um Neues anzustoßen. Fragt um Rat und ermutigt auch andere dazu. Reflektiert Haltungen über Fragen und stellt noch mehr Fragen um die Community immer wieder zum Mitmachen einzuladen.
Hashtags: Macht Kollegen neugierig auf eure Community und tragt zur Vernetzung von Wissen bei. Sorgt für die Verschlagwortung eurer Beiträge (beliebtes Mittel sind Hashtags), so dass sie auch von anderen gefunden werden können und zur Weiterentwicklung von Themen beitragen.
Kick-Off und regelmässiges Onboarding: Man kann mit einem Big Bang einsteigen oder die Community unter dem Radar aufbauen. Wenn ihr merkt, dass eure Kommunikation verfängt und die Community wächst, dann ist es vielleicht sinnvoll, regelmäßig Onboarding-Termine anzubieten, in denen ihr neuen Mitglieder kurz vorstellt, was euren Community-Raum ausmacht, ihre Erwartungen aufnehmt und Fragen beantwortet.
Kollegiale Beratung und Peer Learning: In vielen Communities ein sehr beliebtes Format, das viele Dinge gleichzeitig ermöglicht: Mitglieder können Herausforderungen oder Erfolge mit anderen teilen, es entsteht Vernetzung rund um bestimmte Fragestellungen, Wissen der Community wird breiter geteilt und verschiedene Mitglieder werden aktiviert. Ihr könnt das als Managerinnen ganz einfach fördern. Wenn euch Posts auffallen, in denen gute Beispiele oder Herausforderungen geteilt und angesprochen werden, greift diese Themen direkt auf und ladet zu Peer Learning Sessions ein. Bei der Bearbeitung von Herausforderungen funktionieren Formate wie Kollegiale Beratung und Case Clinics sehr gut.
Neues einbringen: Sorgt für frischen Wind! Wenn ihr ein bestimmtes Wissensfeld bearbeitet, könnt ihr dafür sorgen, dass in der Community die neuesten Entwicklungen dazu geteilt werden. Das kann bis zur Kuratierung von Inhalten gehen. Vernetzt euch mit anderen, relevanten Communities und bringt deren Ideen mit rein. Sorgt auch nach außen für neuen Wind und erzählt eure Neuigkeiten: Was wird über eure Community angestoßen, das auch von anderen gehört werden sollte?
Podcast: Das Audio-Format Podcast ist extrem vielseitig und kann z.B. in einer Solo- oder Gruppenmoderation, in längeren oder kürzeren Formaten, als Interview oder gar Reportage umgesetzt werden. Bei regelmäßigem Einsatz kann es die Community-Bindung erhöhen und neue Zielgruppen-Segmente erschließen, z.B. Menschen, die Inhalte eher neben anderen Tätigkeit konsumieren möchten anstatt Blog-Beiträge oder Artikel zu lesen. Hierzu gibt’s einen komplett eigenen Leitfaden - den lernOS Podcast Guide.
Provokation: Ihr könnt durch Übersteigerung oder kritische Fragestellungen auch mal provozieren, um die Community aufzurütteln. Konfrontierende Fragen in der Überschrift können Interesse wecken. Stellt euch dann auf Moderation eines Austauschs ein und geht wertschätzend mit Kritik und abweichenden Meinungen um. Das kann ein gutes Mittel sein, wenn ihr das Gefühl habt, es gibt sehr unterschiedliche Haltungen zu einem Thema und ihr wollt das gern transparenter machen.
Recycling: Wenn Communities eine Weile bestehen, dann wiederholen sich Beiträge, Diskussionen und Fragestellungen. Wenn Fragen neu aufkommen, könnt ihr ältere Beiträge aktualisieren und nach vorn holen, auf den früheren Verlauf des Gesprächs und entwickelte Ideen aufmerksam machen etc. Das geht auch in Verbindung mit Ritualen, z.B. durch ein Feature “Das war vor einem Jahr” oder einen gesammelten Jahres- oder Monatsrückblick.
Rituale: Stellt euch vor, der Wochenmarkt fände immer an einem anderen Tag statt... Durch Rituale schafft ihr Vertrauen, Verlässlichkeit, gestaltet Kultur, Ankommen und Abschluss. Es gibt viele Möglichkeiten, Rituale zu gestalten. Begrüßungen und Verabschiedungen gehören dazu, aber auch das Feiern bestimmter Meilensteine, regelmäßige Posts (z.B. Inspiration des Tages) und Formate (z.B. Bild des Tages, Interview des Monats, Montagsgedanken, Follow Friday etc.). Ihr werdet schnell herausfinden, welche Rituale bei euch gut ankommen und euren Mitglieder entsprechen.
Statistiken zeigen: Oft ist Mitgliedern nicht bewusst, wie groß die Reichweite oder der Erfolg ihrer Arbeit ist - durch transparentes Anzeigen der Zugriffszahlen, Veränderungen etc. könnt ihr das Bewusstsein dafür schärfen. Macht das am besten über anschauliche Diagramme im Blog, Steigerungsraten oder Zugriffszahlen, Zahl der Neuzugänge, Aktivitätenindex etc.
Spotlight on ...: Führt Kurzinterviews mit Community-Mitgliedern. So unterstützt ihr das gegenseitige Kennenlernen. Dieses Format eignet sich besonders, wenn ein Mitglied, Team oder Projekt etwas entwickelt hat, wovon andere profitieren können. Gebt ihnen Raum, das vorzustellen und zu teilen. Das geht als Webinar oder auch als Podcast.
Umfragen und transparente Abstimmung: Umfragen, Polls, Gamification
- oft ein guter Weg, Beteiligung zu ermöglichen, Stimmungen abzufragen, zur Mitgestaltung anzuregen. Nutzt es - aber nur, wenn ihr wirklich mit den Ergebnissen arbeiten werdet. Nichts ist frustrierender, als nach der Meinung gefragt zu werden und dann nie wieder etwas zu hören.
Vertretung als Chance: Nicht nur, weil Community Managerinnen auch mal Urlaub brauchen. Nutzt eure Abwesenheit, um “frischen Wind” und erweitertes Commitment zu erzeugen. Fragt an: wer möchte mich vertreten, wer will die Mäuse tanzen lassen, wer will mal seine Ideen von Community Management stärker einbringen. Meistens rückt dadurch das Netzwerk enger zusammen, die Zahl aktiver Mitglieder vergrößert sich, es kommen neue Ideen und unterschiedliche Kommunikationsformen zum tragen.
Vernetzung mit anderen Communities: In manchen Unternehmen gibt es hier gute Faustregeln: Beiträge sollten immer in 2 Communities geteilt werden, um die Vernetzung zwischen Communities zu fördern und Neues anzuregen. Das ist ein einfaches Mittel, um der “Filterblase Community” entgegenzuwirken und fachliche andere Blickwinkel auf eine Fragestellung zu erhalten. Schreibt Gastbeiträge, tragt Ideen von außen ein, ladet andere Communities zu Beiträgen bei euch ein etc.
Wikis und Wissenslandkarten erstellen: Richtig gute Praxis in einer Community ist es, spannende Inputs aus Diskussionen und Erkenntnisse in ein Wiki oder eine Wissenslandkarten überführen. Mitglieder geben einander oft Hinweise, wie sie mit Problemen umgegangen sind oder machen auf Artikel aufmerksam. Im Thread gehen die wichtigen Teile dieser Austausche schnell verloren (siehe auch Recycling). Füttert sie ins Wiki oder eine Wissenslandkarte ein, so dass sie auffindbar bleiben. Und: animiert die Community selbst, das Wiki mit zu gestalten und anzureichern.
Wissenscafé: Wissenscafés sind informelle, durch leichte Methodik begleitete Formate zum Wissensaustausch. Plant ein paar davon über ein Jahr hinweg und ladet die Community ein, spontane Wissenscafés anzubieten. Ihr könnt die Moderation stellen und das Café bewerben. Themen können aus der Community kommen, oder externes Fachwissen bereitgestellt werden. Der Schwerpunkt liegt auf Inspiration und Austausch.
Working Out Loud (WOL): Working Out Loud setzt bei der Motivation von Personen an, etwas für ihre Weiterentwicklung zu tun und dabei Netzwerk-Mechanismen zu nutzen. Working Out Loud propagiert die Haltung “Teilen, um zu Lernen”. Die damit eingeübten Verhaltensweisen können die Beteiligung in einer Community erhöhen. Hierzu gibt es viele Materialien. Lest dies beim Autor John Stepper nach (Literaturliste) und schaut ins Fallbeispiel “Working Out Loud Community”.
Gemeinsam Inhalte erstellen
Das gemeinsame Entwickeln von Inhalten zeugt oft von einer bestimmten Community-Reife. Je nach Community Ausrichtung und Energie kann das von der kollaborativen Entwicklung von Leitfäden und Handreichungen, Aufarbeitung von Good Practice Beispielen, Betreuung eines Wikis bis hin zur kollaborativen Entwicklung von Innovationen gehen. Kollaboratives Arbeiten braucht noch eine andere Aufmerksamkeit als das Moderieren von Austausch und gemeinsames Lernen. Hier ist es wichtig, den gemeinsamen Denk- und Arbeitsprozess klug auszugestalten, zu koordinieren und zu begleiten sowie günstige Rahmenbedingungen dafür zu setzen. Was Top-Standards für kollaborative Praxis angeht, kann man sich gut an GitHub orientieren. Dafür muss man nicht Teil der Tech-Community werden. Es lohnt sich, die Prinzipien des kollaborativen Arbeitens, die dort angewendet werden, näher anzuschauen. Auf die kollaborative Arbeit an Inhalten in unternehmensinternen Communities bezogen, ist es z.B. wichtig, auf folgende Faktoren zu achten:
Stellt die Umgebung des kollaborativen Arbeitens zur Verfügung (z.B. Google Docs, MS Teams u.ä.). Stellt sicher, dass alle Zugriff darauf haben und der Raum vereinbar mit Unternehmensregelungen zum Datenschutz ist.
Bahnt gemeinsam getroffene Vereinbarungen an, über die der gemeinsame Zusammenarbeitsprozess strukturiert wird und achtet darauf, dass sie verstanden und beachtet werden. Helft, wenn es Schwierigkeiten gibt und unterzieht die Vereinbarungen einer Retrospektive, wenn Teile sich als hinderlich für die Zusammenarbeit erweisen. Was hier z.B. dazugehört:
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Vereinbarung über die Art des Arbeitens (z.B. im Bearbeitungsmodus oder nicht, über Kommentarfunktion etc.)
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Bearbeitungsschleifen und Zuteilung bestimmter Abschnitte
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Interaktionen (wann treffen wir uns, um uns abzustimmen und auszutauschen)
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Deadlines für alle (klar kommuniziert und machbar)
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Verdeutlichung der Beteiligungsmöglichkeiten (z.B. Grafiken erstellen, Forschungshypothesen formulieren, Abschnitte ergänzen, Resourcen finden etc.)
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Vorausbearbeitung von Inhalten: Klärt, ob und wer Inhalte voraus bearbeitet, die dann kollektiv weiterbearbeitet werden.
Transparentes Arbeiten sollte der Modus Operandi sein - teilt nicht erst das fertige Werk, sondern ermöglicht es allen einzusehen, woran das Team gerade arbeitet. Überlegt euch, wie und wie oft ihr im Prozess Feedback von der Gesamt-Community zu eurem Werk einholt. Und: denkt darüber nach, an welchen Stellen ihr vielleicht etwas Privatraum braucht, z.B. um erste Ideen zu verdauen, erstmal zu kritzeln, etwas Vorarbeit zu leisten. Auch beim transparenten Arbeiten können manchmal kleine Rückzugsräume nötig sein, um voreilige Konvergenz oder Diskussion zu Einzelaspekten zu vermeiden.
Community-Events durchführen
Events sind Teil eines aktiven Community-Lebens. Veranstaltungen, Treffen, rituelle Austauschformate geben Gemeinschaften Sinn. Das gilt im täglichen Leben ebenso wie im Leben von virtuellen Communities. Denkt z.B. daran, welche Rolle Gottesdienste für eine Kirchengemeinschaft haben, Familienfeiern in der Verwandtschaft, Fachmessen in professionellen Netzwerken oder Schulfahrten und -feiern im Leben eurer Kinder.
Events erfüllen viele unterschiedliche Zwecke, und oft werden die wichtigsten davon nirgendwo aufgeschrieben. Sie dienen meist einem klar definierbaren Ziel (z.B. Vorstellen von Entwicklungen in Fachbereichen, Vernetzung zwischen unterschiedlichen Themengebieten, Förderung von Innovationen etc.). Darüber hinaus haben sie auch immer eine soziale Dimension (z.B. Jobbörse, Bekanntschaften wiederbeleben, Spaß haben). Egal ob ein Treffen physisch oder virtuell stattfindet - es ist wichtig, auch die ungeschriebenen Gründe der Beteiligung an Events zu erkennen und dafür zu sorgen, dass sie ihren Platz finden (z.B. informelle Elemente in Fachforen integrieren).
Die Beispiele in Kapitel “Formate und Aktivitäten” enthalten auch ein paar Hinweise zu Veranstaltungsformaten und Events. Experimentiert mit unterschiedlichen Formaten und findet heraus, wo die größten Bedürfnisse der Community liegen (z.B. Inspiration von anderen Organisationen oder Communities? Informeller Austausch? Antworten auf Probleme finden?) Es lohnt sich, sich Gedanken darüber zu machen, welche Art von Austausch ihr kreieren wollt (z.B. unterschiedliche Positionen gegenüberstellen? Neue Perspektiven einholen? Brücken schlagen? Komplexe Probleme gemeinsam lösen?) und entsprechend auf die Gestaltung der Formate zu achten. Eine Podiumsdiskussion z.B. erfüllt oft den Zweck, konträre Positionen scharf herauszustellen, kann aber Gräben vertiefen. Dialogformate dienen der Veranschaulichung unterschiedlicher Perspektiven und der kreativen Erarbeitung innovativer Lösungen, Expertengespräche sind oft Monologe, also “eindimensionale” Wissensflüsse, die aber inspirierend sein sollten und Denkanstöße geben können. Größere Veranstaltungen schlagen immer einen Mix unterschiedlicher Formate vor. Probiert Elemente davon im Kleinen aus und schaut, wie unterschiedlich die Effekte der verschiedenen Formate sein können.
Ihr findet Online jede Menge Ressourcen zu Formaten. Hier ein paar Event-Formate, zu denen ihr euch schlau machen könnt:
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Ask me anything Session (informelle Beratung)
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Speed Networking / Speed Dating (Vernetzung und Kennenlernen)
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Barcamp oder Open Space (Wissensaustausch, Vernetzung, Veränderung)
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Hackathon (Innovation, Ideation)
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World Café (Wissensaustausch, Ideation, Veränderung)
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Zukunftswerkstatt (Wissensaustausch, Veränderung, Vision)
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Expert Talk (Inspiration, Information)
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Knowledge Café (Austausch, Vernetzung, Inspiration)
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Peer Learning / kollegiale Beratung (Austausch, Lernen, Probleme lösen)
Werte, Regeln und Verhaltenskodex
Im Abschnitt Gastgeberin sein - den Raum gestalten haben wir schon kurz auf die hohe Kunst der Community-Regeln hingewiesen. Grundregeln und Vereinbarungen zum sozialen Miteinander in der Community sind wichtig. Noch wichtiger ist, dass sie erwünschtes Verhalten fördern und ermöglichen und nicht als ein Katalog von Verboten und Paragraphen daherkommen. Denkt an die Party und fragt euch: Wie sorgt ihr dafür, dass Leute sich angemessen verhalten, ohne den Spaß einzuschränken? Versucht das auf die Community zu übertragen und Wege zu finden, das soziale Miteinander zu stärken, die Community inklusiv und als “sicheren Ort” des Austauschs zu gestalten, in dem sich alle wohlfühlen und Lust bekommen, sich im vorgegebenen Rahmen zu engagieren. Es ist besser, sich auf gemeinsame Werte und Faustregeln zu einigen, die mit der Zeit in “normales” Verhalten übergehen, als einzelne Punkte erwünschten Verhaltens genau festzulegen.
Vorleben ist immer noch das wichtigste. Euer Verhalten setzt den Ton! Wenn ihr präsent und authentisch seid, auf Rückmeldungen schnell antwortet, mit kritischem Feedback konstruktiv umgeht, andere in Kommunikation einbindet, Schwächere unterstützt, für eine gepflegte Streitkultur sorgt, Engagement zeigt, auch mal weniger perfekt, fehlerhaft und verletzlich seid - dann setzt ihr damit die wichtigsten “Duftmarken” für Verhalten in der Community. Das wird überspringen und andere ermutigen, sich ähnlich zu verhalten.
Communities unterscheiden sich in den meisten Organisationen von anderen Austauschforen dadurch, dass sie informelle Räume des Lernens und Austauschs sind. Informalität stärkt Vertrauen. Versucht, eure Grundregeln so auszurichten, dass sie die Community nicht überstrukturieren oder formalisieren - das hindert Leute daran, sich einfach mal zu äußern.
Grundregeln, die ihr vorleben könnt (und, wenn ihr wollt, auch aufschreiben), beinhalten Dinge wie:
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Hier wird niemand mit einer Frage allein gelassen. Ihr könnt mit einer Reaktion auf Fragen und Hinweise innerhalb von 24 Stunden rechnen.
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Wir kommunizieren in den Sprachen, die uns am besten liegen und nutzen die verfügbaren Übersetzungsfunktionen (oder: wir kommunizieren, wann immer möglich, auf Englisch, Deutsch etc.) Sprache kann schnell ausgrenzen und viele Plattformen bieten hervorragende Übersetzungsmöglichkeiten - Vielsprachigkeit sollte am besten gefördert werden.
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Hier kann jeder seine Meinung offen vertreten - im Einklang mit der Netikette. Wir setzen auf konstruktives Feedback.
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Es ist OK, offen und direkt, ohne Titel, Anrede und Grußformel zu schreiben - egal auf welcher Hierarchiestufe jemand steht.
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Rechtschreibfehler im Wiki werden von allen verbessert (da Dokumentation), in den anderen Funktionen lassen wir dies außer Acht
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Etwas “liken” bedeutet bei uns… (z.B. Lesebestätigung, Zustimmung, Anerkennung,…)
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Wir nutzen die @-mention Funktion wenn wir jemanden direkt benachrichtigen wollen und hashtags / metadaten für relevante Themen und Dokumente.
Wie auch immer die Kultur in eurer Community sich gestaltet - denkt daran, dass Menschen unterschiedlich kommunizieren. Persönliche Vorlieben, aber auch Alter, Geschlecht oder Kultur können hier eine Rolle spielen. In manchen Kulturen ist es vielleicht völlig unangemessen, sich mit einem guten Arbeitsergebnis in die erste Reihe zu spielen. Manche Arbeitskontexte brauchen länger, um sich mit horizontalen Kommunikationsformen wohlzufühlen. Als Community Managerinnen ist es eure Aufgabe, damit konstruktiv und kreativ umzugehen. Findet mit den unterschiedlichsten Leuten in der Community geeignete Wege, dafür zu sorgen, dass Kommunikationshürden abgebaut werden. Hört vor allen Community-Mitglieder zu, die Kritik am Kommunikationsmodus äußern und bezieht sie in die Weiterentwicklung eurer Austauschformen und -formate direkt mit ein.
Und letztlich: Communities stellen das transparente, offene Arbeiten ganz vornan als obersten Wert. Vergesst dabei nicht, dass diese Art des Arbeitens für viele neu, unbequem, unbekannt, in anderen Kontexten unerwünscht und mit Angst und Unsicherheit behaftet sein kann. Setzt da an, wo die Leute sind - eine Kultur der Offenheit und des Vertrauens muss wachsen. Das geht nur mit der Zeit, mit positiven Erfahrungen und freundlichen Reaktionen.