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Warum ist Wissensbewahrung heute wichtig?

Warum ist Wissensbewahrung heute wichtig?

Wir befinden uns in der Transformation von Industrie- in Wissensgesellschaft. Dieser Übergang ist nicht so deutlich zu spüren, wie der Übergang von Agrar- in Industriegesellschaft, macht sich aber gerade bei den wichtigsten Produktionsfaktoren deutlich bemerkbar:

Nicht Arbeit, nicht Kapital, nicht Land und Rohstoffe sind die Produktionsfaktoren, die heute in unserer Gesellschaft zählen, sondern das Wissen der Mitarbeiter in den Unternehmen - Peter F. Drucker (1909 - 2005)

An vier Trends kann man die steigende Bedeutung der Wissensbewahrung beispielhaft zeigen:

  1. Wissensgesellschaft - Wissen macht den Unterschied
  2. Demografischer Wandel – wenn Erfahrung in Rente geht
  3. Fachkräftemangel – wenn immer weniger immer mehr machen müssen
  4. Fluktuation – neue Jobrealitäten

Wissensgesellschaft

In der Drei-Sektoren-Hypothese von Jean Fourastié beschreibt er, dass sich der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit zunächst vom primären Wirtschaftssektor (Rohstoffgewinnung), auf den sekundären Sektor (Rohstoffverarbeitung) und anschließend auf den tertiären Sektor (Dienstleistung) verlagert.

Der erste Sektor wird auch als Agrargesellschaft bezeichnet. Der Fokus lag hier in der forst- und landwirtschaftlichen Erzeugung. Mit dem technischen Fortschritt und der industriellen Revolution erfolgt auch der Umschwung in den sekundären Sektor, der Industriegesellschaft. Hier stand die industrielle Produktion im Vordergrund. Im Laufe der Zeit wandelte sich der Fokus zur Erbringung von Dienstleistungen und damit gesellschaftlich zum tertiären Sektor – der Dienstleistungsgesellschaft.

In der Dienstleistungsgesellschaft erfolgte immer stärker die Verlagerung auf immaterielle Güter. „Wissen“ wurde vierter Produktionsfaktor und gewinnt immer mehr an Bedeutung. Mit mindestens 60 % ist es heute in vielen Unternehmen für die Gesamtwertschöpfung des Unternehmens verantwortlich. Damit einhergehend wuchs ständig das Feld der wissensintensiven Tätigkeiten und Berufe. Gehörten 1930 noch 83% dem Arbeitstyp „Arbeiter“ (Produktion, Rohstoffgewinnung, Landwirtschaft) an, waren es 2000 nur noch 15%. Demgegenüber stiegen im gleichen Zeitraum der Arbeitstyp „Service-Arbeiter“ (Büro Jobs, Handel, Basisdienstleistungen) von 6% auf 15 % an und der Arbeitstyp „Wissensarbeiter“ (Beratung, Coaching, F&E, Management) von 8% auf 25%.

Wissen wird damit zur strategischen Ressource in Produkten und Dienstleistungen. Das Wissen ist vernetzt, dezentral und interdisziplinär. Die effektive Nutzung des Wissens wird zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor, die Gesellschaft ist damit in der Wissensgesellschaft angekommen.

Demografischer Wandel

Neben diesem ökonomischen Trend gibt es noch einen weiteren gesellschaftlichen Trend, den des demografischen Wandels. Der demografische Wandel beschreibt eine älter werdenden oder alternde Gesellschaft. Dieser Wandel hat große Auswirkungen auf alle gesellschaftlichen Bereiche. Bis 2030 sinkt die Bevölkerung um fünf Millionen, es gibt 17% weniger Kinder und Jugendliche und 33% mehr Bürger über 65 Jahren, die Gruppe der Personen im erwerbsfähigen Alter schrumpft um 15%.

Viele der Mitarbeiter, die heute oder in den nächsten Jahren in Rente gehen, haben die Unternehmen, in denen sie beschäftig sind, mit aufgebaut. Sie haben große Errungenschaften erlebt, aber auch die ein oder andere Katastrophe. Damit haben sie einen großen Erfahrungsschatz angesammelt und dieser steht nun kurz davor, die Unternehmen, gemeinsam mit ihren Wissensträgern, zu verlassen. Natürlich wurden im Laufe der Jahre auch Dokumentationen erstellt.

Aber häufig stellen sich die Fragen: Wo ist was dokumentiert? Was ist noch für die Zukunft wichtig und wurde bislang noch nicht festgehalten? Wie können Erfahrungen bewahrt und transferiert werden? Was bedeutet es für Unternehmen, wenn einerseits immer höhere Anforderungen durch die Wissensgesellschaft an sie herangetragen werden und andererseits immer weniger Mitarbeiter zur Verfügung stehen?

Fachkräftemangel

Auch wenn die Hörsäle aktuell eher überfüllt sind, werden sie tendenziell leerer werden. Schon heute mangelt es an Fachkräften in der Wirtschaft. Rund 11 Mrd. Euro sind es allein in der IT-Branche, die durch Wissens- und Kompetenzverlust entstehen. Diese Lücke entsteht u.a. auch dadurch, dass es nicht genügend Fachkräfte für die Nachbesetzung gibt bzw. die Nachbesetzung sich sehr lange hinzieht (durchschnittliche Vakanzzeiten von 55 Tagen über alle Positionen hinweg und bis zu 90 Tagen bei technischen Berufen). Was kann getan werden, wenn immer weniger immer mehr machen müssen? Wie kann sich ein Unternehmen vor dem Wissensverlustrisiko besser schützen?

Fluktuation

Das Mitarbeiterengagement ist seit 2004 gesunken. 33 % der Arbeitnehmer in Deutschland denken ernsthaft darüber nach, das Unternehmen zu wechseln. Dabei liegt die Wechselbereitschaft der bis 24-Jährigen liegt bei 50 % und die der 25- bis 34-Jährigen um 40 %. Das ist die Gruppe der jungen Talente, um die im „War for talents“ im Zuge des Fachkräftemangels so begehrlich gekämpft wird.

Das Arbeitsmodell „Arbeit in einem Unternehmen bis zur goldenen Uhr“ hat ausgedient. Gelebte Work-Life-Balance, Individualisierung und Selbstverwirklichung sind aktuelle Trends. Damit steht auch fest, dass es einen anderen Umgang mit dem Thema Wissen bzw. Wissensbewahrung in den Unternehmen geben muss. Wie stellt sich ein Unternehmen auf diese neuen Jobrealitäten ein? Welche Möglichkeiten der Wissensbewahrung gibt es?

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