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Nele Hirsch - Modellierung als 'Mind the knowledge gap'-Ansatz bei der Interaktion mit KI-Sprachmodellen

Nele Hirsch: Modellierung als 'Mind the knowledge gap'-Ansatz bei der Interaktion mit KI-Sprachmodellen

Der Ansatz der Modellierung (= sich seiner eigenen mentalen Modelle bewusst werden, diese reflektieren und weiter entwickeln) kann sehr gut als Grundlage zur Interaktion mit KI-Sprachmodellen genutzt werden. Auf diese Weise wird ausgehend von bestehendem Wissen in Interaktion mit KI-Sprachmodellen weiter gelernt. Ich werde vorstellen, wie das praktisch aussehen kann und von meinen Erfahrungen mit dem Ansatz berichten.

Der Vortrag behandelt einen pädagogischen Ansatz zur sinnvollen Nutzung von KI-Sprachmodellen im Lernprozess. Die Referentin Nele stellt ein dreistufiges Modell vor, das verhindert, dass Lernende von der Fülle der KI-generierten Informationen überwältigt werden. Stattdessen soll eigenes Wissen zunächst externalisiert, dann mit KI-Unterstützung bearbeitet und schließlich reflektiert werden. Der Ansatz zielt darauf ab, KI als Sparringpartner zu nutzen, der beim Verknüpfen neuen Wissens mit bereits vorhandenem hilft.

Der Vortrag folgt einer klaren Struktur: - Einleitende Kritik an oberflächlicher KI-Bewunderung - Vorstellung des dreistufigen Lernmodells - Praktische Veranschaulichung durch konkrete Beispiele - Demonstration anhand einer Mobile Learning-Mindmap - Alternative Methoden und Ausblick auf erweiterte Anwendungen

Die Kernproblematik: KI-Erfolg bedeutet nicht automatisch menschliches Lernen

Die Referentin beginnt mit einer wichtigen Differenzierung zwischen technologischem Fortschritt und menschlichem Lernzuwachs. Sie stellt fest: "ChatGPD besteht jetzt sogar das feirische Abitur. Da kann man riesig applaudieren und sagen, toll, dass ChatGPD das kann. Wir freuen uns ja auch, wenn Technologie sich weiterentwickelt. Aber im Kern ist es ja doch so, wenn ChatGPD oder irgendein anderes KI-Sprachmodell irgendwas Tolles hinkriegt, dann ist davon ja noch kein einziger Mensch schlauer, klüger, kompetenter, fähiger geworden."

Diese Aussage bildet das Fundament für den gesamten pädagogischen Ansatz. Sie verdeutlicht, dass: - Technologische Leistungen nicht automatisch zu menschlichem Kompetenzzuwachs führen - Ein bewusster Umgang mit KI-Tools erforderlich ist - Der Fokus auf den tatsächlichen Lernprozess des Menschen gelegt werden muss - Die Gefahr besteht, von KI-Erfolgen geblendet zu werden, ohne selbst davon zu profitieren

Das dreistufige Lernmodell: Externalisierung - Bearbeitung - Reflexion

Das Herzstück des Vortrags bildet ein strukturiertes Lernmodell, das in drei aufeinander aufbauenden Schritten funktioniert:

Schritt 1: Externalisierung des eigenen Wissens "Man geht so vor, dass man als erstes sagt, was habe ich überhaupt in meinem Kopf und versucht es zu externalisieren. Also irgendwie für sich, für andere sichtbar zu machen."

In dieser Phase geht es darum: - Das vorhandene Wissen bewusst zu machen - Gedanken und Konzepte nach außen zu bringen - Eine Basis für die weitere Arbeit zu schaffen - Klarheit über den eigenen Wissensstand zu gewinnen

Schritt 2: Bearbeitung und Entwicklung "Der wirkliche Lernprozess ist dann dieses, dass ich an diesem, was ich externalisiert habe, so ein bisschen rumbasteln kann"

Diese Phase umfasst: - Aktive Auseinandersetzung mit dem externalisierten Wissen - Experimentieren und Ausprobieren - Weiterentwicklung der ursprünglichen Ideen - Praktische Umsetzung und Anpassung

Schritt 3: Reflexion und Optimierung "im dritten Schritt versuche ich dann natürlich noch zu reflektieren, also wie passte das jetzt, wie habe ich gelernt, wie könnte ich das das nächste Mal vielleicht noch schlauer machen."

Der Reflexionsschritt beinhaltet: - Bewertung des Lernprozesses - Analyse der angewandten Methoden - Identifikation von Verbesserungsmöglichkeiten - Vorbereitung für zukünftige Lernprozesse

Praktische Veranschaulichung durch konkrete Beispiele

Um das abstrakte Modell greifbar zu machen, verwendet die Referentin anschauliche Beispiele aus dem praktischen Bereich: "Man kann sich das Ganze ziemlich gut plastisch vorstellen, wenn man es so mit praktischen, konkreten Sachen zu tun hat. Also sowas wie, ich will jetzt irgendwie einen kleinen Stromkreislauf aufbauen oder ich will eine Brücke bauen."

Diese Beispiele verdeutlichen: - Das Zusammenfügen verschiedener Komponenten entspricht der Externalisierung - Das Testen und Anpassen entspricht der Bearbeitungsphase - Die Bewertung des Ergebnisses entspricht der Reflexion - Fehlschläge sind Teil des Lernprozesses: "Wenn das Teil zusammenstürzt, sage ich, passt doch nicht"

Die Rolle der KI im Lernprozess: Sparringpartner statt Abkürzung

Ein zentraler Punkt des Vortrags ist die Warnung vor dem oberflächlichen Umgang mit KI-Tools. Die Referentin identifiziert eine "ganz, ganz große Gefahr bei KI-Stachmodellen" aus pädagogischer Sicht: "dass wir verleitet werden, eher Abkürzungen zu machen und so ein bisschen auch verleitet werden, wow, da ist das riesige Wissen, was da eigentlich drinnen liegt und ich kann einfach klick, klick, klick, klick und das wird mir alles so ein bisschen zugeworfen"

Die Lösung liegt in der bewussten Integration von KI in den Lernprozess: - KI als Werkzeug zur Bewusstmachung eigenen Wissens: "hilf mir doch mal rauszufinden, was ich eigentlich kann" - KI als Sparringpartner für die Bearbeitung externalisierter Inhalte - KI zur Unterstützung der Reflexion über Lernprozesse - Verknüpfung neuer Informationen mit vorhandenem Wissen: "damit ich wirklich was damit anfangen kann, muss ich das ja verknüpfen und vernetzen mit dem, was ich schon in meinem Kopf habe"

Praktische Anwendung: Das Mobile Learning-Beispiel

Die Referentin demonstriert ihr Modell anhand eines konkreten Projekts zum Thema Mobile Learning. Sie beschreibt ihren Ansatz folgendermaßen: "Ich mache das gerne, dass ich den ersten Schritt mit der Externalisierung tatsächlich so mache, dass ich das noch gar nicht digital mache und lieber eben sowas aufzeichne. Super eignet sich zum Beispiel sowas wie eine Mindmap."

Der Prozess umfasste: - Analoge Erstellung einer Mindmap als Externalisierung - Systematische Eingabe in ein KI-Sprachmodell - Gezielte Gespräche zu einzelnen Bereichen - Ergänzung und Weiterentwicklung der ursprünglichen Ideen

Konkret beschreibt sie: "Ich habe es hier versucht, indem ich einfach mal gesagt habe, okay, was weiß ich denn zu Mobile Learning? Da wollte ich ein kleines Lernangebot dazu gestalten und habe einfach darum umgeschrieben, was fällt mir dazu ein."

Die Bearbeitung erfolgte dann strukturiert: "schau doch mal, was ich als Definition festgelegt habe. Was sagst du denn da dazu? Was sagst du zu meinen Herausforderungen? Was fällt dir da sonst noch ein?"

Alternative Methoden und erweiterte Anwendungen

Neben der Mindmap-Methode erwähnt die Referentin weitere Ansätze für die Externalisierung: - Storytelling als narrative Methode - Thesenformulierung als strukturierter Ansatz - Entwicklung spezifischer KI-gestützter Lernwerkzeuge

Besonders interessant ist der Ausblick auf erweiterte Anwendungen: "richtig cool wird es dann [...] wenn ich gar nicht in diesem klassischen Chatbot-Ding drinnen bleibe, sondern zum Beispiel KI-Sprachmodelle auch nutze, um mir gezielt ein Lernwerkzeug zu entwickeln."

Diese Entwicklung eigener Lernwerkzeuge stellt eine Weiterentwicklung des Grundmodells dar: - Das Lernwerkzeug selbst wird zur Externalisierung - Die Nutzung des Werkzeugs entspricht der Bearbeitungsphase - Die Bewertung der Werkzeugeffektivität bildet die Reflexionsebene

Handlungsempfehlungen und Call to Actions

Obwohl der Vortrag primär konzeptionell ausgerichtet ist, lassen sich mehrere implizite Handlungsempfehlungen ableiten:

Bewusste Anwendung des dreistufigen Modells: Die Referentin empfiehlt, das vorgestellte Modell bewusst anzuwenden: "mir hilft es, sich dieses Prinzip ziemlich gut erstmal zu vergegenwärtigen, immer dann, wenn ich in eine Interaktion mit KI-Sprachmodellen gehen möchte"

Vermeidung von KI-Abkürzungen: Ein wichtiger Aufruf liegt in der Warnung vor oberflächlicher KI-Nutzung. Lernende sollen sich nicht von der scheinbaren Einfachheit verführen lassen, sondern bewusst den längeren, aber nachhaltigeren Weg des strukturierten Lernens gehen.

Experimentieren mit verschiedenen Externalisierungsmethoden: Die Referentin ermutigt dazu, verschiedene Ansätze auszuprobieren - von Mindmaps über Storytelling bis hin zur Thesenformulierung.

Entwicklung eigener KI-gestützter Lernwerkzeuge: Als fortgeschrittene Anwendung empfiehlt sie die Entwicklung spezifischer Lernwerkzeuge, die über einfache Chatbot-Interaktionen hinausgehen.

Fazit und Ausblick

Der Vortrag schließt mit einer pragmatischen Einschätzung: "ich bin in den fünf Minuten geblieben. Kategorien kann ich empfehlen als ein Ansatz." Diese Aussage unterstreicht die Praktikabilität des vorgestellten Ansatzes und lädt zur weiteren Auseinandersetzung ein.

Das vorgestellte Modell bietet einen strukturierten Rahmen für die pädagogisch sinnvolle Integration von KI-Tools in Lernprozesse. Es adressiert die zentrale Herausforderung, wie technologische Möglichkeiten in tatsächlichen menschlichen Kompetenzzuwachs übersetzt werden können. Durch die Betonung von Externalisierung, bewusster Bearbeitung und Reflexion wird verhindert, dass Lernende passiv konsumieren, stattdessen werden sie zu aktiven Gestaltern ihres Lernprozesses.

Die Stärke des Ansatzes liegt in seiner Übertragbarkeit auf verschiedene Lernkontexte und seine Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Externalisierungsmethoden. Gleichzeitig bietet er einen Schutz vor den Verlockungen oberflächlicher KI-Nutzung und fördert nachhaltiges, reflektiertes Lernen.