Jan Bretschneider - Wissenslücken schließen durchs Lösen von Problemen
Jan Bretschneider: Wissenslücken schließen durchs Lösen von Problemen
Ausgehend von Gerd Wohlands Definition eines Problem, will ich zeigen, dass Probleme auch Wissenslücken sind. Methodisches Vorgehen kann uns helfen, diese Lücken zu schließen.
Jan präsentiert in seinem Vortrag ein systematisches Framework zur Problemlösung, basierend auf Dave Snowdens Kategorisierung von Problemauslösern. Er argumentiert, dass regelmäßige strukturierte Problemlösung wie ein Muskeltraining funktioniert und Organisationen befähigt, sowohl mit bekannten als auch mit unvorhersehbaren Herausforderungen umzugehen. Der Kern seiner These: Wer strukturierte Problemlösung praktiziert, entwickelt die Fähigkeit zur Improvisation in kritischen Situationen.
Der Vortrag folgt einer klaren, aufbauenden Struktur:
- Definition von Problemen - Grundlegendes Verständnis schaffen
- Kategorisierung von Problemauslösern - Vier-Felder-Matrix nach Dave Snowden
- Identifikation von Lücken - Was fehlt uns in jeder Kategorie?
- Lösungsansätze - Wie schließen wir diese Lücken?
- Die Muskel-Metapher - Training führt zu Improvisation
- Abschlussthese - Der Wert regelmäßiger Problemlösungspraxis
Kernaussagen des Vortrags
Definition von Problemen
Jan beginnt mit einer klaren Definition von Problemen, die er aus seinem Konzept "Lernfahrt Probleme strukturiert lösen" übernimmt. Er definiert ein Problem als "eine Veränderung im Umfeld, durch die die Dinge nicht so bleiben können, wie sie bisher waren, weil sonst Schaden entsteht". Diese Definition nach Roland legt den Grundstein für das gesamte Framework und betont den präventiven Aspekt der Problemlösung.
Die Definition macht deutlich, dass Probleme nicht erst dann existieren, wenn bereits Schaden entstanden ist, sondern bereits dann, wenn eine Veränderung im Umfeld eine Anpassung erfordert. Dies ermöglicht proaktives Handeln und verhindert, dass Organisationen erst reagieren, wenn es bereits zu spät ist.
Die vier Kategorien von Problemauslösern
Das Herzstück von Jans Framework bildet die Kategorisierung von Problemauslösern nach Dave Snowden. Er unterscheidet vier grundlegende Typen:
- Bekannte Auslöser: Probleme, deren Ursachen und Lösungswege bereits verstanden sind
- Unbekannte Auslöser: Probleme, deren Ursachen noch erforscht werden müssen
- Unvorstellbare Auslöser: Probleme, die außerhalb unseres aktuellen Vorstellungsvermögens liegen
- Unmöglich zu wissende Auslöser: Probleme, deren Ursachen grundsätzlich nicht vorhersagbar sind
Diese Kategorisierung hilft dabei, angemessene Lösungsstrategien zu entwickeln, da jede Kategorie unterschiedliche Herangehensweisen erfordert.
Identifikation spezifischer Lücken
Für jeden Typ von Problemauslöser identifiziert Jan eine spezifische Lücke, die geschlossen werden muss:
Umsetzungslücke bei bekannten Auslösern: Wenn die Lösung bekannt ist, aber nicht implementiert wird, entsteht eine Umsetzungslücke. Hier geht es darum, vorhandenes Wissen in die Tat umzusetzen und organisatorische Hindernisse zu überwinden.
Wissenslücke bei unbekannten Auslösern: Wenn die Ursache eines Problems unklar ist, fehlt uns Wissen. Diese Lücke erfordert systematische Forschung und Analyse, um die zugrundeliegenden Mechanismen zu verstehen.
Diversitätslücke bei unvorstellbaren Auslösern: Jan führt den Begriff der "Diversitätslücke" ein, wenn wir mit unvorstellbaren Auslösern konfrontiert werden. Diese Lücke macht sichtbar, dass unsere Perspektive zu eingeschränkt ist und wir andere Blickwinkel benötigen.
Sicherheitslücke bei unmöglich zu wissenden Auslösern: Wenn Auslöser grundsätzlich nicht vorhersagbar sind, haben wir eine Sicherheitslücke. Diese erfordert robuste Systeme und die Fähigkeit zur schnellen Anpassung.
Lösungsstrategien für jede Kategorie
Jan bietet für jede identifizierte Lücke eine spezifische Lösungsstrategie:
Umsetzen bei Umsetzungslücken: "Bei bekannten Auslösern ist es ganz klar, wir müssen sie halt umsetzen und etwas machen." Dies erfordert oft weniger neue Erkenntnisse als vielmehr Disziplin und organisatorische Veränderungen.
Forschen bei Wissenslücken: "Wenn wir etwas nicht wissen und eine Wissenslücke haben, müssen wir forschen und herausfinden, wo denn das Problem oder der Auslöser liegt." Systematische Analyse und Experimentierung stehen hier im Vordergrund.
Perspektive wechseln bei Diversitätslücken: "Bei unvorstellbaren Auslösern hilft uns in der Diversitätslücke nur die Perspektive zu wechseln und in eine andere Richtung zu gucken bzw. unseren Horizont zu erweitern." Dies erfordert bewusste Anstrengungen, andere Standpunkte einzunehmen und diverse Teams zu bilden.
Improvisieren bei Sicherheitslücken: Für unmöglich zu wissende Auslöser entwickelt Jan die Metapher des trainierten Muskels, der Improvisation ermöglicht.
Die Muskel-Metapher: Training ermöglicht Improvisation
Jan verwendet die kraftvolle Metapher des Muskeltrainings, um den Wert regelmäßiger Problemlösungspraxis zu illustrieren. Er vergleicht strukturierte Problemlösung mit dem Training eines Fußballprofis: "So wie Lionel Messi auf dem Fußballplatz, der auch angefangen hat, einfache Dinge zu trainieren, kann er jetzt improvisieren und egal was die Abwehr macht, Bälle zum Beispiel versenken."
Diese Metapher macht deutlich, dass Improvisation nicht aus dem Nichts kommt, sondern das Ergebnis systematischen Trainings ist. Durch regelmäßige Anwendung strukturierter Problemlösungsmethoden entwickeln Teams und Organisationen die Fähigkeit, auch in völlig unvorhersehbaren Situationen effektiv zu reagieren.
Das Framework zeigt auf, dass "all diese drei Dinge beim Probleme strukturiert lösen angegangen werden". Die Methode trainiert gleichzeitig:
- Umsetzungskompetenzen
- Forschungsfertigkeiten
- Perspektivenwechsel
Die zentrale These: Problemlösung als Organisationsmuskel
Jans Kernthese lautet: "Die, die regelmäßig strukturierte Problemlösung betreiben, trainieren quasi einen Muskel, der ihnen hilft, besser mit unbekannten und bisher unvorstellbaren Auslösern umzugehen. Und auch nur diese Leute sind auch in der Lage, mit unmöglich zu kennenden Problemauslösern wirksam umzugehen."
Diese These hat weitreichende Implikationen für Organisationsentwicklung und Führung. Sie besagt, dass strukturierte Problemlösung nicht nur einzelne Probleme löst, sondern die grundlegende Problemlösungsfähigkeit einer Organisation stärkt. Teams, die regelmäßig strukturierte Problemlösung praktizieren, entwickeln:
- Bessere Mustererkennung
- Flexiblere Denkansätze
- Schnellere Anpassungsfähigkeit
- Erhöhte Resilienz gegenüber Ungewissheit
Der Feuerwehr-Vergleich
Jan schließt mit einer einprägsamen Metapher: Teams, die in strukturierter Problemlösung trainiert sind, können "spontan wie eine Feuerwehr eurer Organisation oder in eurem Umfeld helfen". Diese Metapher unterstreicht zwei wichtige Aspekte:
- Schnelle Reaktionsfähigkeit: Wie eine Feuerwehr können gut trainierte Teams sofort auf unerwartete Probleme reagieren
- Zuverlässige Hilfe: Sie werden zu einer verlässlichen Ressource für die gesamte Organisation
Handlungsempfehlungen und Call to Actions
Zentraler Aufruf zur Praxis
Jan formuliert eine klare Handlungsempfehlung: "Übt euch in der Problemlösung, auch wenn es total unsexy klingt, weil es nach Schwierigkeiten ist." Dieser Aufruf erkennt ein wichtiges psychologisches Hindernis an - Problemlösung wird oft als mühsam und wenig attraktiv wahrgenommen.
Die Empfehlung umfasst mehrere Dimensionen:
Regelmäßiges Training: Strukturierte Problemlösung sollte nicht nur in Krisenzeiten angewendet werden, sondern als kontinuierliche Praxis etabliert werden. Wie bei jedem Muskeltraining führt nur regelmäßige Anwendung zu dauerhaften Verbesserungen.
Überwindung der Komfortzone: Jan erkennt an, dass Problemlösung "unsexy" erscheinen kann. Dennoch ermutigt er dazu, diese Hürde zu überwinden, da die langfristigen Vorteile die kurzfristige Unbequemlichkeit überwiegen.
Proaktive Haltung: Statt zu warten, bis Probleme auftreten, sollten Teams proaktiv ihre Problemlösungsfähigkeiten entwickeln.
Organisationale Bereitschaft entwickeln
Die implizite Handlungsempfehlung lautet, Teams und Organisationen so zu entwickeln, dass sie "jederzeit in der Lage" sind zu helfen. Dies erfordert:
- Systematische Schulung in strukturierten Problemlösungsmethoden
- Schaffung von Übungsmöglichkeiten in sicheren Umgebungen
- Aufbau einer Kultur, die Problemlösung wertschätzt
- Integration von Problemlösungstraining in reguläre Entwicklungsprogramme
Mindset-Veränderung fördern
Jan appelliert daran, Problemlösung nicht als Belastung, sondern als Entwicklungschance zu sehen. Die Handlungsempfehlung beinhaltet eine Neuausrichtung der Einstellung zu Problemen:
- Probleme als Trainingsmöglichkeiten betrachten
- Den Wert des "langweiligen" Grundlagentrainings erkennen
- Die Verbindung zwischen heutiger Übung und zukünftiger Leistungsfähigkeit verstehen
Fazit und Ausblick
Jans Vortrag bietet ein praktisches und theoretisch fundiertes Framework für organisationale Problemlösungskompetenz. Seine zentrale Botschaft ist sowohl einfach als auch kraftvoll: Regelmäßige Praxis in strukturierter Problemlösung entwickelt organisationale Muskeln, die in kritischen Situationen den Unterschied zwischen Erfolg und Versagen ausmachen können.
Das Framework ist besonders wertvoll, weil es: - Eine klare Kategorisierung verschiedener Problemtypen bietet - Spezifische Lösungsstrategien für jede Kategorie vorschlägt - Die Verbindung zwischen Training und Improvisationsfähigkeit herstellt - Praktische Handlungsempfehlungen für Organisationen liefert
Die Metapher des Muskels macht das abstrakte Konzept der Problemlösungskompetenz greifbar und motivierend. Sie zeigt auf, dass außergewöhnliche Leistungen in Krisensituationen nicht durch Zufall entstehen, sondern das Ergebnis systematischen Trainings sind.
Für Führungskräfte und Organisationsentwickler bietet Jans Ansatz einen klaren Weg, ihre Teams für eine ungewisse Zukunft zu stärken. Anstatt nur auf bekannte Probleme zu reagieren, können sie proaktiv die Fähigkeiten entwickeln, die für den Umgang mit unvorhersehbaren Herausforderungen erforderlich sind.