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Harald Schirmer - The Knowledge Gap in Management

Harald Schirmer: The Knowledge Gap in Management

Der Pitch zur Session - je weiter oben in der Karriere, je älter, um so weniger Zeit und Lernlust im Management … wir werfen einen Blick auf eine “Referenzgruppe” - das globale GUIDE Netzwerk und vergleichen.

Harald präsentiert eine kritische Analyse der unterschiedlichen Lernkulturen zwischen Management und operativen Mitarbeitern (Guides) in der digitalen Transformation. Er zeigt auf, dass kontinuierliches, soziales Lernen deutlich effektiver ist als sporadisches, hierarchisches Lernen und erklärt, warum komplexe digitale Themen nicht durch Vereinfachung, sondern durch schrittweises Verstehen von Grundprinzipien gemeistert werden können.

Gliederung und Aufbau des Vortrags

Der Vortrag gliedert sich in folgende Hauptthemen: - Analyse der unterschiedlichen Lernkurven zwischen Management und Guides - Der Teufelskreis des ineffektiven Lernens im Management - Grundlagen des wirklichen Lernens versus oberflächlicher Wissensvermittlung - Umgang mit Komplexität und Dynamik in der digitalen Welt - Toolkategorien statt Einzeltools verstehen - Praktische Handlungsempfehlungen für digitales Aufräumen

Die Lernkluft zwischen Management und operativen Mitarbeitern

Das Problem der hierarchischen Lernresistenz

Harald beginnt seinen Vortrag mit einer wichtigen Klarstellung: "Mir geht es hier nicht um Management Bashing, es sind ja keine Manager da oder fast keine. Mir geht es darum, rauszufinden, rauszuarbeiten, wieso ist Lernen so schwierig, je weiter man nach oben kommt." Diese Schwierigkeit liegt nicht primär am Alter, sondern an der hierarchischen Entwicklung und den damit verbundenen Strukturen wie Assessment-Centern.

Das traditionelle Managementverständnis basiert auf dem Prinzip: "Wer es Wissen hat, hat die Macht, kann entscheiden und so weiter." Diese Haltung führt dazu, dass auch heute noch viele Entscheidungen im Hinterzimmer getroffen werden, weil Wissen als Machtinstrument verstanden wird.

Kontinuierliches versus sporadisches Lernen

Der Referent illustriert den fundamentalen Unterschied zwischen zwei Lernansätzen anhand einer 14-jährigen Beobachtung:

Die Guides (grüne Linie): "Die haben von Anfang an mitgelernt." Bei jeder neuen Software-Einführung, jedem neuen Produkt oder Prozess waren es nur noch "kleine zusätzliche Investments", da sie das Gelernte kontinuierlich in der Praxis anwendeten. Durch diese konstante Anwendung "haben sie natürlich die ganze Zeit weitergelernt" und konnten auf bereits vorhandenem Wissen aufbauen.

Das Management: Hier folgt ein völlig anderes Muster: "Da kommt was, es muss sich delegieren. Dann haben sie es delegiert, dann kam es, dann mussten sie es nutzen. Dann haben sie es kurz verwendet, großes Investment, großer Aufschrei, am nächsten Tag wieder vergessen und wieder genauso weiter gemacht wie vorher."

Das Ergebnis ist eindeutig: "Aufwand riesig, Wirkung klein" beim Management, während bei den Guides "immer weniger Aufwand eigentlich und die Wirkung immer größer" wird.

Der unaufholbare Gap

Harald warnt vor einer besorgniserregenden Entwicklung: "Und diesen Gap zwischen Lernern, Social Learnern, die sich ständig austauschen, die ständig von und miteinander lernen, und anderen, die ständig im Konkurrenzkampf sind und in Meetings hocken, wird halt nicht mehr aufholbar."

Der Teufelskreis des ineffektiven Lernens

Die negative Spirale

Der Referent beschreibt einen "ganz einfacher Kreislauf" des ineffektiven Lernens: - Keine Zeit für Lernen - Keine Wirksamkeit - Keine Zeitersparnis

Die positive Spirale

Im Gegensatz dazu steht der positive Kreislauf der kontinuierlich Lernenden: - Die Guides lernen - Werden wirksamer - Erreichen schneller Ergebnisse - Haben damit noch mehr Zeit zum Lernen

Harald betont: "In beide Richtungen ist dieser Kreislauf entweder super oder halt leider nicht gut."

Wahres Lernen versus oberflächliche Wissensvermittlung

Das Mikroformat-Problem

Ein zentrales Problem sieht Harald in der Erwartungshaltung des Managements bezüglich Lernen: "Im Management reden wir von Lernen ja immer so, Kurs, 10 Minuten bitte machst du als One-Pager, Elevator-Pitch oder sonst irgendwas für ein Mikroformat und danach möchte ich aber bitte Klavier spielen können. Nein."

Die Komponenten echten Lernens

Basierend auf seiner Erfahrung definiert Harald, was wirkliches Lernen ausmacht. Dabei gehören folgende Elemente dazu: - Zeit - Disziplin - Gemeinschaft - Wirksamkeit - Kulturwandel

"Aber das ist eigentlich Lernen. Nicht, ich zeige euch, wie man Knöpfe drückt."

Umgang mit Komplexität und Dynamik

Die Herausforderung moderner Arbeitswelt

Harald stellt fest: "Jetzt ist das Ganze noch komplex und dynamisch. Komplexität und Dynamik heißt ja im Endeffekt, es ist nicht mehr einfach." Diese Erkenntnis ist fundamental für den Umgang mit modernen digitalen Herausforderungen.

Der typische Reaktionsverlauf

Der Referent beschreibt einen typischen Verlauf beim Konfrontieren mit Komplexität:

  1. Realisierung: "Erstmal muss ich realisieren, okay, das ist nicht einfach. Es ist nicht Schuhe binden. Sondern es ist komplex, es ist KI, es entwickelt sich weiter."

  2. Vereinfachungsdrang: "Da habe ich erstmal den Drang zur Vereinfachung. Schreib mir das mal auf den One-Pager. Erklär mir mal KI in drei Minuten. Geht nicht."

  3. Überforderung: "Wenn ich dann akzeptiere, dass das groß ist, dann bin ich überfordert. Natürlich. Was mache ich als Überforderter? Aufhören."

  4. Erste Schritte: "Wenn ich dann irgendwann ins Lernen und ins Umsetzen komme, dann merke ich plötzlich, wie viel größer das eigentlich noch ist. Bin ich eigentlich auch noch im Überforderten, aber ich mache Schritte in die richtige Richtung."

Das Ziel: Bewusster Umgang mit Komplexität

Harald formuliert das eigentliche Ziel: "Und das eigentliche Ziel wäre ja, dass wir in dieses grüne Feld, in das bewusste Einsetzen von Komplexität und Dynamik kommen. Also nicht mehr runter regulieren."

Toolkategorien statt Einzeltools verstehen

Das Überforderungsproblem

Harald erkennt ein verbreitetes Problem: "Es waren hier auch einige, die haben gesagt, völlig überfordert. Ja, dann reden sie hier von Conceptboard und da von Slack und da von Teams und da von Menti. Verständlich, weil das sind lauter verschiedene Tools."

Der Kategorienansatz

Die Lösung liegt nicht in der Einzelerklärung jedes Tools, sondern im Verständnis der Kategorien: "Wenn man aber nicht mehr hergeht und den Leuten jedes Tool einzeln und die Knöpfe erklärt, sondern erstmal verständlich macht, was ist ein Chat-Client? Und der hat nur fünf Funktionen und egal von welcher Firma, die sind immer die gleichen."

Dieser Ansatz lässt sich auf verschiedene Bereiche übertragen: - Enterprise Social Networks - KI-Tools - Tabellenkalkulationen

Das Prinzip: "Wenn ich mal verstanden habe, wann wende ich welche Toolart an, dann ist auch wurscht, welches Tool ich verwende."

Handlungsempfehlungen und Call to Actions

Digital aufräumen als Basis

Harald präsentiert konkrete Schritte für das "Digital aufräumen" als Grundlage für effektives digitales Arbeiten:

Grundausstattung - Passwortmanager: Eine der wichtigsten Handlungsempfehlungen betrifft die Sicherheit: "Wer hat alles einen Passwortmanager? Alle, die jetzt die Hand nicht hochheben, ohne den geht es nicht."

Weitere Basiselemente: - Medien organisieren - Sicherheit gewährleisten - Backup-Strategien implementieren

Optimierung und Automatisierung: Nach der Grundausstattung folgen weitere Schritte zur Optimierung und Automatisierung der digitalen Arbeitsweise.

Aufruf zum Paradigmenwechsel

Der zentrale Aufruf des Vortrags richtet sich an einen grundlegenden Wandel im Lernverständnis: - Weg von der Erwartung sofortiger, einfacher Lösungen - Hin zu kontinuierlichem, sozialem Lernen - Akzeptanz von Komplexität statt Vereinfachungsdrang - Fokus auf Toolkategorien statt Einzeltools

Praktische Umsetzungsschritte

Harald empfiehlt einen strukturierten Ansatz: - Zunächst die digitale Grundausstattung schaffen - Verstehen lernen, welche Toolkategorien für welche Zwecke geeignet sind - Kontinuierliches Lernen in der Gemeinschaft etablieren - Komplexität als Chance begreifen, nicht als Hindernis

Fazit und Ausblick

Haralds Vortrag macht deutlich, dass die digitale Transformation nicht nur eine technische, sondern vor allem eine kulturelle Herausforderung darstellt. Der Unterschied zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Lernenden liegt nicht in der Intelligenz oder dem verfügbaren Budget, sondern in der Herangehensweise an Lernen und Veränderung.

Die Botschaft ist klar: Kontinuierliches, soziales Lernen schlägt sporadische, hierarchische Wissensvermittlung. Wer Komplexität annimmt statt sie zu vereinfachen, wer Toolkategorien versteht statt nur Knöpfe zu drücken, und wer eine solide digitale Grundausstattung schafft, wird in der digitalen Arbeitswelt erfolgreich sein.

Der Vortrag endet mit einem praktischen Aufruf: Jeder sollte zunächst seine digitale Grundausstattung überprüfen und vervollständigen - beginnend mit einem Passwortmanager. Denn ohne diese Basis ist effektives digitales Arbeiten und Lernen nicht möglich.

Die Erkenntnisse aus 14 Jahren Beobachtung zeigen: Der Gap zwischen kontinuierlich Lernenden und sporadisch Lernenden wird immer größer. Es ist höchste Zeit, auf die Seite der kontinuierlich Lernenden zu wechseln, bevor dieser Gap unaufholbar wird.