Silvia Roderus - Expert Debriefing unplugged
Silvia Roderus: Expert Debriefing unplugged: Wissen strukturiert bewahren und weitergeben
Wenn Mitarbeitende die Organisation verlassen, droht wertvolles Wissen verloren zu gehen. Der Expert Debriefing Prozess bietet hier einen strukturierten und moderierten Weg, dieses Wissen systematisch zu sichern und weiterzugeben - unterstützt durch geeignete Tools und GenAI (Generative Künstliche Intelligenz). In diesem interaktiven Podcast beantworte ich deine Fragen zur praktischen Umsetzung des Prozesses. Lass uns über Erfahrungen, Herausforderungen und Lösungsansätze sprechen.
Der Podcast-Vortrag behandelt die Methode des Expertenbriefings als systematischen Ansatz zur Wissenssicherung beim Ausscheiden von Mitarbeitern. Die Diskussion zwischen den Teilnehmern Carsten (Conti Tech), Benjamin (Brose Fahrzeugteile) und Jean-Claude (Omega Consulting) beleuchtet praktische Erfahrungen, technische Möglichkeiten mit KI-Tools und die Herausforderungen bei der Umsetzung. Zentrale Themen sind die Wertschätzung von Erfahrungswissen, der Einsatz moderner Technologien zur Unterstützung des Prozesses und die Notwendigkeit, Wissen nicht nur zu dokumentieren, sondern auch für Nachfolger attraktiv und zugänglich zu gestalten.
Einführung und Vorstellung der Teilnehmer
- Begrüßung und Vorstellungsrunde
- Bisherige Erfahrungen mit Expertenbriefing
Die Expertenbriefing-Methode im Überblick
- Sechs-Schritte-Prozess
- Wissenslernkarte als zentrales Element
- Maßnahmenableitung und Priorisierung
Praktische Erfahrungen und Herausforderungen
- Erfolgsgeschichten und Negativbeispiele
- Rolle der Führungskräfte und des Betriebsrats
- Wertschätzung als Erfolgsfaktor
Technische Unterstützung durch KI-Tools
- Einsatz von Transkription und automatischer Zusammenfassung
- Podcast-Erstellung und Mindmapping
- Grenzen und Möglichkeiten der Automatisierung
Zukunftsperspektiven und Handlungsempfehlungen
- Kollaboratives Arbeiten als Präventionsmaßnahme
- Kontextbezogene Wissensvermittlung
- Nachhaltige Implementierung im Unternehmen
Kernaussagen
Die Expertenbriefing-Methode als bewährter Ansatz
"Die Methode gibt es schon relativ lang, haben wir bei Cognion schon seit über 20 Jahren im Einsatz. Es besteht aus letztlich sechs Schritten." Die Methode folgt einem strukturierten Prozess: Bedarfsermittlung, Vorgespräch, Erstellung einer Wissenslernkarte, Priorisierung, Feedback-Schleife und Maßnahmenumsetzung mit abschließendem Reflexionsgespräch.
Das Herzstück bildet die Wissenslernkarte, die systematisch das Erfahrungswissen erfasst: "Und da geht es dann wirklich darum, eben dieses Erfahrungswissen, was eben im Kopf steckt und was sonst mit der Person besonders viel verlässt, eben zu sichern." Dabei gilt der Grundsatz "the map is not the territory" - es geht um eine strukturierte Übersicht, nicht um vollständige Detailerfassung.
Wertschätzung als Erfolgsfaktor
Ein zentraler Erfolgsfaktor ist die Wertschätzung des ausscheidenden Mitarbeiters: "Das ist das große Thema, warum das viele Mitarbeiter auch generell machen, weil sie eben sagen, das Wissen geht weiter. Das geht jetzt nicht verloren, wenn ich weg bin, gerade nach 30, 40 Jahren."
Die Visualisierung des Wissens durch die Landkarte erzeugt oft Überraschung: "Da ist ein riesiger Aha-Effekt da. Da ist das Wissen mal visualisiert und das ist unglaublich. Das habe ich in jedem Bibliothek, wo dann alle sagen, okay, das habe ich gemacht, habe ich gar nicht gewusst."
Herausforderungen bei der Nachfolge
Moderne Arbeitsstrukturen erfordern neue Ansätze: "Ich glaube, die eine Nachfolgeperson, die gibt es heutzutage nicht mehr. Oft werden Positionen gestrichen oder reduziert oder verteilt." Dies führt zu 1-zu-N-Übergaben, bei denen das Wissen einer Person auf mehrere Nachfolger verteilt werden muss.
Ein Negativbeispiel verdeutlicht die Risiken: "Der kam dann an und hatte etwas andere Designvorstellungen bei seinem Büro und an den Aktenschrank passt er da nicht rein. Da wollte er lieber ein schönes Bild hinhängen und meinte, was soll der Mist, der kommt hier raus, das brauche ich nicht zu wissen."
KI-Tools als Unterstützung
Moderne Technologien können den Prozess erheblich verbessern: "Wir haben dann das Ding aufgezeichnet, haben es transkribiert durch Microsoft, haben dann das über Clean Voice, diese AS und M rausgeschmissen, haben dann das in Mappify reingeschmissen, das Tool für automatische Mindmap-Einstellung."
Besonders wertvoll ist die Unterstützung bei der Fragenerstellung: "Als Inspiration, welche Fragen kann ich stellen? Denke mal an das, denke an das. Und das ist als Spallingspartner zu nutzen gigantisch."
Grenzen der Automatisierung
Trotz technischer Möglichkeiten bleibt die menschliche Komponente entscheidend: "Ich glaube, da wird sich wahrscheinlich dann irgendwann mal, ich hoffe mal, die Spreu vom Weizen trennen, mir versus der KI." Der Aufbau von Vertrauen und emotionaler Bindung ist für das Erreichen des Erfahrungswissens unerlässlich.
"Da passiert, zumindest von meiner Frage nach, die erste Viertelstunde, wenn so diese kleineren Themen gefragt werden, welche Serientermine hast du, was sind deine Laufwerke, deine Quellen, dann kommen die in dieses Fragen-Antwort-Fragen-Antwort rein, dann vergessen die alles drumherum und dann haben die Vertrauensverhältnisse."
Zukunft des Wissensmanagements
Die Diskussion zeigt auf, dass kollaboratives Arbeiten das Expertenbriefing ergänzen, aber nicht ersetzen kann: "Wenn wir wirklich auf eine neue Arbeitsmethodik umsteigen, dass wir einfach von vornherein kollaborativ arbeiten, unser Wissen eben nicht auf dem Notebook konzentriert mit Passwort schützen, sondern in wohl administrierten Sharepoints mit den Leuten teilen."
Dennoch bleibt Erfahrungswissen oft implizit: "Aber je höher ich dann in der Pyramide gehe, gerade in der Verantwortung her, ist es so, dass meistens dann tatsächlich auch der Disconnect passiert."
Wirtschaftliche Bewertung
Die Quantifizierung des Nutzens bleibt eine Herausforderung: "Das ist der heilige Graal, so ein Price Tag, den Management verkaufen könnte." Ansätze liegen in der Verkürzung der Einarbeitungszeit: "Das ist der Wirkzeug an den Onboarding. Das kann man, glaube ich, schon am ehesten messen generell, wenn der Nachfolger das Ding auch nutzt. Anstatt nach einem halben Jahr ist der in zwei, drei Nolten schon drinnen."
Handlungsempfehlungen
Für Unternehmen
- Frühzeitige Planung: Beginnen Sie mit dem Expertenbriefing 3-6 Monate vor dem Ausscheiden wichtiger Mitarbeiter
- Wertschätzung zeigen: Kommunizieren Sie deutlich die Wichtigkeit des Wissens und würdigen Sie die Expertise der ausscheidenden Person
- Technische Unterstützung nutzen: Setzen Sie KI-Tools für Transkription, Zusammenfassung und Strukturierung ein, aber behalten Sie die menschliche Moderation bei
- Systematische Integration: Integrieren Sie Expertenbriefing in bestehende Austrittsprozesse, besonders für kritische Rollen
Für Moderatoren
- Vertrauen aufbauen: Beginnen Sie mit einfachen, nicht-bedrohlichen Fragen zu Terminen und Routinen
- KI als Sparringspartner: Nutzen Sie KI-Tools zur Vorbereitung von Fragen und zur Nachbereitung von Gesprächen
- Aufzeichnung und Dokumentation: Zeichnen Sie Gespräche auf und nutzen Sie automatische Transkription zur Entlastung
- Feedback-Schleifen: Holen Sie systematisch Rückmeldungen von Kollegen und Vorgesetzten ein
Für ausscheidende Mitarbeiter
- Proaktive Dokumentation: Beginnen Sie frühzeitig mit der Dokumentation Ihres Wissens, idealerweise 2 Jahre vor dem geplanten Ausscheiden
- Offenheit zeigen: Teilen Sie auch informelle Arbeitsweisen und "Workarounds" mit
- Lessons Learned dokumentieren: Erfassen Sie nicht nur Erfolge, sondern auch Fehler und deren Vermeidung
- Kollaborative Haltung: Sehen Sie das Expertenbriefing als Chance, Ihr Lebenswerk zu würdigen und weiterzugeben
Für Nachfolger
- Aktive Teilnahme: Beteiligen Sie sich wenn möglich bereits am Expertenbriefing-Prozess
- Wertschätzung des Vorhandenen: Nutzen Sie das dokumentierte Wissen als Fundament, bevor Sie eigene Wege entwickeln
- Kontinuierlicher Kontakt: Halten Sie wenn möglich Kontakt zum Vorgänger für Rückfragen
- Eigene Dokumentation: Beginnen Sie von Anfang an mit der Dokumentation Ihrer eigenen Erkenntnisse und Weiterentwicklungen