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Jochen Robes - Trends in Corporate Learning - mehr als KI!

Jochen Robes, bekannt für seinen Weiterbildungsblog und Gründungsmitglied der Corporate Learning Community, präsentierte in seinem Vortrag aktuelle Trends im Corporate Learning mit einem spezifischen Fokus auf zwei zentrale Bereiche: KI-Kompetenzen und Peer-Learning. Der Vortrag beleuchtete die Diskrepanz zwischen theoretisch vorhandenen KI-Kompetenzmodellen und der praktischen Umsetzung in Unternehmen und stellte Peer-Learning als mögliche Lösung zur Schließung dieser Lücke vor.

Gliederung und Aufbau des Vortrags

KI-Kompetenzen im Kontext von Future Skills

Robes ordnete KI-Kompetenzen zunächst in den größeren Rahmen der Future Skills ein und betonte deren nahtlose Integration in bestehende Kompetenzmodelle. Er stellte fest: "Wir haben ein relativ klares Bild davon, was hinter KI-Kompetenzen steckt" und verwies auf bereits vorhandene, prominente Kompetenzmodelle für KI-Kompetenzen.

Ein zentraler Aspekt war die Verbindung zu Handlungskompetenzen. Der Referent betonte: "Es muss darum gehen, KI-Kompetenzen in der Praxis zu erwerben", wodurch deutlich wurde, dass es nicht um reine Wissensansammlung geht, sondern um praktische Anwendungskompetenz.

Die Kompetenzlücke in der Praxis

Trotz vorhandener theoretischer Konzepte diagnostizierte Robes eine erhebliche Lücke zwischen Theorie und Praxis. Er verwies auf aktuelle Studien, die zeigen, dass "es mit der KI-Kompetenz, was Schulung, Entwicklung, Praxis angeht, noch nicht so gut bestellt ist".

Besonders problematisch sei die Diskrepanz zwischen zwei Geschwindigkeiten: - Einerseits die Integration von KI in Geschäftsmodelle und -strategien - Andererseits Mitarbeitende, die "da einfach noch deutlich hinterherhinken"

L&D und der Fokus auf Effizienz

Im Bereich Learning & Development (L&D) beobachtete Robes eine starke Konzentration auf Effizienzsteigerung. KI-Tools werden primär genutzt, um "bestehende Prozesse effizienter zu machen", beispielsweise bei der Herstellung, Übersetzung und Individualisierung von Lernmaterialien.

Kritisch merkte er an, dass Experten dazu raten, "nicht nur auf diese Automatisierungsschiene" zu schauen, sondern KI-Möglichkeiten zu nutzen, um "Weiterbildung auch mal ganz anders zu denken".

Peer-Learning als Lösungsansatz

Als Alternative zu traditionellen Trainingsformaten stellte Robes Peer-Learning vor. Er definierte es als Lernen "voneinander und miteinander, ohne dass Trainerinnen, Expertinnen, Referentinnen eine tragende Rolle haben".

Das Praxisbeispiel der Deutschen Telekom verdeutlichte die Umsetzung: Eine Plattform, auf der Mitarbeitende eigenständig 45-minütige Wissenssessions anbieten können, ohne dass eine Trainingsabteilung involviert ist. "Jeder kann dort den Kalender nutzen und kann sagen, ich habe Wissen zum Thema XY und möchte das gerne mit anderen teilen."

Kernaussagen des Vortrags

  • Theorie-Praxis-Gap: "Wir haben einen großen Gap, was das Thema KI-Kompetenzen angeht, was Schulungen angeht"
  • Handlungsorientierung: "Es kann nicht darum gehen, Wissen in diesem Gebiet anzusammeln, sondern es muss darum gehen, KI-Kompetenzen in der Praxis zu erwerben"
  • Peer-Learning als Brücke: "Aus meiner Sicht könnte Peer-Learning hier eine Lücke schließen"
  • Vielfalt der Formate: Robes präsentierte eine breite Palette an Peer-Learning-Formaten, von Communities of Practice über Working Out Loud bis hin zu Learning Circles und Promptatons

Offene Fragestellungen

Während des Vortrags wurden mehrere zentrale Fragen aufgeworfen:

  • Wie kann die Lücke zwischen vorhandenen KI-Kompetenzmodellen und der praktischen Umsetzung in Unternehmen geschlossen werden?
  • Wie können Mitarbeitende ohne traditionelle Trainingsformate an KI-Kompetenzen herangeführt werden?
  • Welche Rolle sollte L&D jenseits der reinen Effizienzsteigerung bei der KI-Integration spielen?
  • Wie kann Peer-Learning systematisch in Unternehmen verschiedener Größen implementiert werden?

Handlungsempfehlungen

Aus dem Vortrag lassen sich folgende konkrete Handlungsempfehlungen ableiten:

  • Praxisorientierung fördern: Unternehmen sollten KI-Kompetenzen durch praktische Anwendung entwickeln, nicht durch reine Wissensvermittlung
  • Peer-Learning-Formate einführen: Implementation von einfachen Formaten wie Kalender-basierten Wissenssessions nach dem Telekom-Vorbild
  • Über Effizienz hinausdenken: L&D sollte KI nicht nur zur Prozessoptimierung nutzen, sondern grundsätzlich neue Lernansätze entwickeln
  • Niedrigschwellige Angebote schaffen: Peer-Learning-Formate mit geringen Einstiegshürden etablieren, die Mitarbeitende eigenständig nutzen können
  • Vielfalt der Formate nutzen: Verschiedene Peer-Learning-Methoden (Barcamps, Learning Circles, Working Out Loud) je nach Unternehmenskontext einsetzen
  • Kontinuierliche Weiterbildung: Regelmäßige Beschäftigung mit aktuellen Trends durch Newsletter und Fachpublikationen

Der Vortrag verdeutlichte, dass die Zukunft des Corporate Learning in der Kombination aus technologischer Innovation und menschenzentrierten, kollaborativen Lernformaten liegt. Peer-Learning bietet dabei einen vielversprechenden Ansatz, um die Kluft zwischen theoretischen KI-Kompetenzmodellen und praktischer Anwendung zu überbrücken.