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Community-Rollen

Community-Rollen

Communities können organisch funktionieren, ohne dass bestimmte Rollen von vornherein festgelegt werden. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass sich selbst bei sehr informellen Communities schnell Rollen festigen. Schnell gibt es “Kümmerer”, “Terminplanerinnen”, „Aufräumer“, „Event-Managerinnen“ usw. Die Idee, dass Begeisterung für eine Idee allein ausreicht, dass Menschen sich freiwillig und ohne Ressourcen für Themen engagieren, stimmt nur sehr begrenzt - und nur in Bezug auf hochemotionale Themen (z.B. in Aktions-Communities). Vor allem ist damit nicht automatisch eine abgestimmte, ineinandergreifende Organisation verbunden. Klare Verantwortlichkeiten für Management, Organisation von Events, Gestaltung von Kommunikation, Anregung von Austausch sind wichtig für die Entwicklung und das langfristige Bestehen von Communities. Vereinbarungen und Klarheit über Rollen sind daher nur hilfreich. Dies sollte freilich nicht dazu führen, dass Handeln in der Community bürokratisiert oder überformalisiert wird. Rollen geben einzelnen Mitwirkenden ein Mandat, das ihre Initiative nicht lähmt, sondern sie beflügelt.

  • Community Manager (im Schaubild “Moderatoren”): sind für die Koordination von Planung, Start, Aufbau und Transformation der Community zuständig. Sie sind für die Aktivierung der Community zuständig, d.h. sie regen Austausch, Erstellung von Inhalten, Teilen von Wissen, Organisation von Events an. Sie stellen technische Funktionalitäten sicher und behalten die Zielerreichung einer Community im Blick. Community Manager sollten sich nicht als “Chefs” der Community verstehen, sondern eher als “Gastgeber”. In der Praxis sind verschiedene Namen für die Community Manager Rolle gängig (z.B. Community Coordinator, Community Leader, Community Facilitator, Fachforum-Sprecherin).

  • Community Kernteam (“Moderatorenteam”): Meistens wird das Management einer Community von einem kleinen Team gestaltet. Je nach Größe und Bedeutung einer Community kann es sinnvoll sein, die Aufgaben einer Community Managerin zu verteilen. Bei Communities rund um Fachthemen können zum Beispiel so genannte Subject Matter Experts mit ins Community Management Team aufgenommen werden. Das wären dann Fachexpertinnen oder Kuratoren, die zu Fachthemen beraten und diese aufbereiten können. Bei globalen Communities sind lokale Vertreterinnen wichtig, um für Wissensdiversität zu sorgen sowie lokale Bedürfnisse berücksichtigen zu können. Und immer sinnvoll: unterschiedliche Menschen mit ihren unterschiedlichen Kommunikationsstilen und Interessen sorgen im Community Management für Vielfalt von Interaktion, Meinung und Stil und erreichen damit auch oft mehr Menschen.

  • Community-Mitglieder: Mitglieder sind idealerweise Mitwirkende, die an den Interaktionen der Community teilnehmen. Dadurch erhalten sie selber Nutzen und/oder stiften Nutzen für andere. Die Mitglieder einer Community können je nach Aktivitätsgrad kategorisiert werden, zum Beispiel nach der 90:9:1-Regel bzw. 1% Regel: aktiv Mitwirkende (Kernmitglieder mit hoher Beteiligung und Beiträgen), gelegentlich Mitwirkende (z. B. durch Kommentieren) und Zuschauer ("Lurkers": passiv, aber interessiert). Dergleichen Differenzierungen helfen Community Managerinnen, die Mitglieder zielgerichtet einzubeziehen. Community Managerinnen sollten nicht erwarten, dass 100% der Mitglieder einer Community aktive Mitglieder sind (s.a. 90:9:1-Regel bzw. 1% Regel).

  • Community Sponsoren: Sie sind einflussreiche Person bzw. Führungskräfte in der Organisation, die hinter dem Thema und den Zielen der Community steht. Management-Sponsoren sind für die Legitimation der Community und die Verfügbarkeit von Ressourcen wichtig.

Sketchnote: Heidrun Schmidt.

Anforderungen an das Community Management

So vielfältig die Zwecke und Ziele von Communities sein können, so stark variieren auch die Anforderungen an Community Managerinnen. Was Community Manager unbedingt mitbringen müssen, ist Engagement. Ohne begeisterte und begeisternde Community Manager ist es kaum möglich, eine lebendige Community zu etablieren und zu führen. Nicht nur beim Start, sondern insbesondere davor - in der Phase der Konzeption und der Gewinnung engagierter Team-Mitglieder oder Partner. Hier sind hoher Einsatz ebenso unabdingbar wie die Fähigkeit, Beziehungen aufzubauen und andere mitzunehmen. Zum Verständnis eine kleine Analogie:

Stellt euch vor, ihr werdet zu einer Gartenparty eingeladen. Vielleicht fragt ihr euch vorher: Soll ich überhaupt dort hingehen? Soll ich etwas mitbringen? Wer ist noch eingeladen? Kenne ich die Leute? Verbinden uns gemeinsame Themen? Soll ich mich bei der Party als “Grillmeister” einbringen? Als Community Managerinnen seid ihr Gastgeberinnen. Gute Party-Hosts soren für eine bestimmte Atmosphäre, kümmern sich um Gäste und den organisatorischen Rahmen. Genau so ist es die Rolle von Community Management sich vor einem Go-Live Gedanken über die Fragen möglicher Teilnehmerinnen zu machen und entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Auch während der Party seid ihr als Gastgeberinnen gefragt, zum Beispiel die Gäste untereinander in Kontakt zu bringen und ihnen Möglichkeiten zu bieten, sich mit konkreten Dingen einzubringen. Vielleicht macht jemand Musik oder fühlt sich berufen als Grillmeisterin? Als Community Managerinnen sorgt ihr dafür, dass die Party in Schwung kommt, Mitglieder sich wohlfühlen, Unbekannte in Kontakt miteinander treten.

Wir haben weiter vorn erwähnt, dass das Management einer Community in den meisten Fällen von einem Team geleistet wird. Das ist gut so, denn die Anforderungen an Community Managerinnen sind vielfältig! Eine Infografik aus einem Blog-Beitrag von BUW Digital listet 10 Erfolgsfaktoren für erfolgreiches Community Management auf. Frei wiedergegeben sind das: Empathie und serviceorientiertes Denken, schnelles Reagieren, das Schaffen von psychologischer Sicherheit, Begeistern und Unterhalten, das Greifbarmachen von Community-Vorgängen, die Adaption neuer Prozesse, stetige Präsenz und Kontinuität, das Vorleben und die stringente Einforderung von Regeln, und bei allem eine Art charmantes Nerven. Dazu kommen Zuverlässigkeit, Initiative, im Thema zu Hause zu sein, Bereitschaft zum Teamplay sowie ein zugängliches, aufgeschlossenes Kontakt- und Beziehungsmangement. Soweit das generalisierende Gesamtbild, das als erste Orientierung dienen kann. Wenn es konkret wird, können Anforderungen und Erfolgsfaktoren einer Community freilich auch stark variieren - abhängig vom konkreten Zweck, Ziel und Kontext der Community. Das spiegeln die Stellenprofile eines Community Managers des Bundesverbands für Community Management e.V. (BVCM) wider, die nach persönlichen, fachlichen, sozialen, Führungs- und Methodenkompetenzen unterscheiden.

Meistens ist es zu viel verlangt, dass eine Person gut vernetzen kann, fachlich tief im Thema steckt, freundlich aber konsequent ist, detailgenau und außerdem noch voller Ideen für innovative Austauschformate. Deshalb ist es gerade bei größeren und komplexeren Communities sinnvoll, Einzelanforderungen in Rollen zu bündeln. Die Robert Bosch GmbH hat die vielfältigen Rollen eines Community Managers herausgearbeitet und dabei ganz unterschiedliche Profile erstellt - vom Strategen zur Gärtnerin, Content-Managerin, Moderator zur Unterhalterin (siehe Schaubild). In vielen Fachcommunities, wie z.B. bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, werden Communities von Teams aus Kuratorinnen für fachliche Expertise, Koordinatoren für die Vernetzung und Moderation und technischen Unterstützerinnen zusammengesetzt. Bei der Deutschen Telekom unterscheidet man zwischen Inhaltserstellern, Moderatorinnen, “Lebenszirkel-Begleitern”, Administratorinnen, Evaluatoren und themenspezifischen Fachexpertinnen.

Verschiedene Rollen eines Community Managers bei der Robert Bosch GmbH (Quelle: Stellenprofil Corporate Community Manager, BVCM e.V., 2016, S. 27).

So breit aufzuschlüsseln muss man die Rolle des Community-Managers in den meisten Fällen nicht. Wenn man bestimmte Rollen-Tätigkeiten von Community Management in den Mittelpunkt stellen möchte, dann sind dies Netzwerken, Moderation, Vermitteln und Begeistern.

Community Manager - Eine Rolle im Wandel, eine Rolle für den Wandel

Die Rolle einer Community Managerin ist komplex, sie ist aber auch breit auslegbar und kann gut nach persönlichen Neigungen und Stärken ausgestaltet werden. Jeder kann in die Rolle eines Community Managers hineinwachsen - die meisten steigen quer in das Feld ein. Wer ohnehin schon Fachexpertise hat, erreicht über die gemeinsame Wellenlänge leicht andere Interessierte. Wer sich für Veränderungen von unten im Unternehmen einsetzt, der weiß vermutlich, wo er Gleichgesinnte in seinem Netzwerk findet, die aktiviert werden können. Für Fachexpertinnen erfordert erfolgreiches Community Management oft ein Umdenken. Denn das Mitnehmen anderer ist in der Community mindestens genauso relevant wie das Teilen und Einbringen von Fachwissen. Kommunikatorinnen wiederum werden beruflich häufig mit One-To-Many-Kommunikationsformen groß, und müssen Fähigkeiten, wie das Zuhören und den direkten Dialog in der Moderation von Communities neu erlernen. Wer Community Manager werden und damit auf bestehende Tätigkeiten aufsatteln möchte, muss bereit sein, einen Rollenwandel zu durchlaufen.

Community Management nutzt ein Set von strategischen und operativen Fertigkeiten, mit denen man auch bestehende Tätigkeitsprofile auf eine neue Ebene heben kann. Etwa weil man vielleicht zum ersten Mal viele Menschen daran teilnehmen lässt, sie einbezieht oder mit Mitteln des Community Managements koordiniert und führt. So sehen wir in der Praxis Community Manager mit vielfältigen Karrieren und Hintergründen: Frühere Redakteure, Wissensmanager, Trainerinnen, Kommunikatoren, Projektleiter, Teamleiterinnen, Innovationsmanager, IT-Spezialistinnen, Berater, und so weiter und so fort.

Euer Wirken als Community Manager hängt also mehr oder weniger von euren selbst gesteckten Zielen und eurer Motivation ab. Wollt ihr einfach mal 10 Kollegen in eine Gruppe holen und einen gemeinsamen Wissensaustausch koordinieren? Oder wird daraus mehr: Weitere Kolleginnen kommen hinzu, es geht plötzlich um gemeinsam erarbeitete Dokumente, die Organisation von Treffen oder Schulungen, die gegenseitige Hilfe bei Problemlösungen, und schließlich vielleicht sogar eine Open-Source-Bewegung, die zusammen ein riesiges Projekt stemmt? Je nachdem, was ihr erreichen wollt, oder welche Ziele nach eurem Aufbruch ins Neuland hinzukommen, könnt ihr auch eure Erfahrungen und euer Wissen Zug um Zug ausbauen. Es ist nicht nötig, alles von Anfang an zu wissen. Wichtiger ist ein offenes Gespür für die Bedürfnisse eurer Community und der Wille, damit konstruktiv umzugehen und damit zu wachsen. Viele hilfreiche Methodiken dafür und viele Tipps, wie ihr euer Wissen ausbauen könnt, findet ihr in diesem Guide.

Unsere Empfehlung an dieser Stelle wäre: Seid ehrlich mit euch selbst, folgt eurer inneren Stimme, seid bereit zu lernen, auch über euch selbst. Seid aber auch großzügig mit euch, wenn ihr meint, dass ihr irgendwelche Skills (noch) nicht weit genug entwickelt habt. Bei dem Rollenwandel, den ihr angeht, ist der Weg das Ziel. Am Ende wird die wesentliche Fähigkeit von euch als Community Managerinnen immer noch sein: Andere Menschen einzubeziehen. Das bedeutet auch zu erkennen, wo eure Stärken liegen und welche zusätzlichen Fähigkeiten, welches Wissen und welche Kompetenzen ihr euch über Mitstreiterinnen ins Community Management Team hinein holt.

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